Montag, 15. August 2011

Indischer Sommerbeginn

Als ich mich mit Wein 1992 zu beschäftigen begann, war das Rioja das Ziel meiner Träume. Ohne genau sagen zu können warum, hatte es für mich den Stellenwert aller ausländischen Weinregionen. So war mein erster bewusst und aktiv gekaufter ausländischer Wein nicht etwas Bordeaux und auch kein Australier, sondern 2 Flaschen Rioja. Ein Campo Viejo und ein Marques de Cacéres - beide Crianza keine memorablen Geschöpfe, aber das konnte ich damals noch nicht so Recht einordnen und versuchte in jeder "anderen" Stilistik erstmals was Positives zu finden.
Rioja-Wein war einfach etwas Besonders, zumal auch örtlich ziemlich weit weg (wahrscheinlich genau deswegen und weil ich nichtmal wusste, wo genau Rioja in Spanien sich eigentlich befand).
Ich forderte Prospekt & Infomaterial vom Consejo Regulador - damals noch per Postkarte! - an und träumte davon, einmal diese Weinregion besuchen zu können.
Nun, es dauerte schon noch ein Weilchen, aber nach weiteren 7 Jahren hatten wir einen unvergesslichen Urlaub durch alle nordspanischen Weinbaugebiete und der Traum Rioja wurde so für mich greifbare Wirklichkeit.

Warum ich das alles erzähle?
Ganz einfach? Eröffnen sich doch manchmal unverhofft und ganz schnell Möglichkeiten & Erlebnisse, die einem nicht im Entferntesten in den Sinn kommen..

In Ausgabe 03/2010 des Falstaff-Magazins gab es einen sehr informativen Bericht über indische Weine im Falstaff - "Die Weine der Maharadschas".
Ein Bericht der leider viel zu seltenen Sorte "na das ist ja mal was anders und nicht der 100. ausgelutschte Aufguss von..", auch wenn es viele Leser gibt, die sich fragen, wozu über ein solch exotisches Thema überhaupt berichtet wird?
Wenn ich geahnt hätte, daß sich mir ein paar Monaten später selbst die Möglichkeit bietet, indische Weine vor Ort zu trinken.. .

Für viele Personen ist die globalisierte Reisewelt heutzutage (beruflich) alltägliche Wirklichkeit - eine für mich schreckliche Vision. Jetten im Tagesrythmus von Dschibutti nach Hintertupfing, von Jetlag zu Jetlag - und so hat eine Reise nach Indien für mich doch einen Hauch von Abenteuer :-)

Indischer Wein jedenfalls hat was Exotisches, bringt man Indien doch eher mit Tee und Lassi als mit Wein in Verbindung. Die produzierten Weinmengen jedoch sind gar nicht so klein. So bewirtschaftet das Weingut Sula zB. über 600ha Rebland, produzierte mit mehreren Weinlinien in 3 Wineries ca. 300.000 12er-Kisten Wein und das mit jährlichen Zuwachsraten im 2-stelligen Bereich. Nicht ohne!
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß wir in Chennai 3 x Sula-Weine kredenzt bekamen - Satori Merlot, Sula Cabernet Shiraz und Sula Sauvignon Blanc.


Während die beiden roten Weine angenehm sauber und süffig fruchtig zu trinken waren und als mein einziger Kritikpunkt der eher "heiße" Grundcharakter anzuführen wäre  - kein Wunder bei klimatischen Bedingungen, bei denen der Rebstock 2 x jährlich tragen kann - hat mich der Sauvignon Blanc ob seiner Reintönigkeit und erfrischenden Art mit einer vitalen Säurestruktur anerkennend nicken lassen. In einer Blindprobe hätte wohl keiner seine Herkunft erahnt. Das hätte ich mir nicht erwartet!

Ob diese 3 Weine nun repräsentativ für das gesamte indische Weinspektrum sind, vermag ich nicht zu sagen. Jedoch bilden sie eine mehr als akzeptable Alternative zu dem meiner Meinung nach bestenfalls mittelmäßigem Kingfisher-Bier - auch wenn es hier andere Erfahrungen nachzulesen gibt.

Wein zu konsumieren ist in Indien keine günstige Angelegenheit. In unseren (zugegebenermaßen luxuriösen) Hotels und Restaurants in Chennai war das Preisniveau durchaus auf europäischem Städteniveau, die Weine jedoch deutlich darüber.
Indischer Wein startete in den Restaurants bei ca. 2000 Rupien (ca. 30 Euro), bei Importwein wird es Dank einer Doppelbesteuerung (zuerst 160% Importzoll und dann noch die lokale Abgabe an den jeweiligen Bundesstaat) richtig teuer. So war eine einfache Flasche Chianti mit 5500 Rupien, also umgerechnet 85 Euro bespreist, da wird einem erst bewusst, wie gut wir's in Sachen Wein haben!

Schade, daß ich keinen Wein aus lokalen Weinreben auf den Weinkarten fand - soferne es denn diese überhaupt gibt? - denn ohne diese wäre der Indische Wein wohl nur ein weiteres Anbauland unserer globalisierten "ABC-Rebsorten". Wohl ein Zugeständnis an die "westliche Orientiertung" der eher jungen und urbanen Zielgruppe der indischen Weinkonsumenten.

Jedenfalls werde ich bei meinem nächsten Besuch beim "besten Inder" Österreichs - dem Royal Bombay Palace in Linz - einen indischen Rotwein verlangen - mal sehen was da zum Vorschein kommt, denn auf der doch recht akzeptabel sortierten Karte ist (noch) kein indischer Wein gelistet..?