Samstag, 20. Mai 2006

Tempranillo & Rioja

Wenn ich in die Vergangenheit blicke, so hat sich Rioja für mich immer von anderen renommierten Weinbauregionen unterschieden, hatte immer etwas Magisches an sich. Auch heute kann ich nicht genau sagen, was denn dieses magische damals genau war - Rioja hatte einfach den Nimbus des Besonderen. Punkt.
Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich wirklich gute Riojas zu trinken bekommen habe. Eines hat dieses Gebiet mit seinen Weinen aber seit damals für mich immer bereitgehalten: das Gefühl "zuhause" zu sein; ein Glas Rioja war wie ein Seelentröster, vermittelte Wärme und ein Gefühl der Geborgenheit. So wie es immer war und immer sein wird. Das galt zumindestens für mein Bild vor der Jahrtausendwende. Unser Besuch in Rioja 1999 hat mein Bild ein wenig verändert. Ein engagierte Weinhändler in Haro, von dem ich mich beraten ließ, hat mich mit folgenden Worten verabschieded: After drinking these wines, your picture of Rioja will never be the same. Wie recht er hatte - nur er meinte es vermutlich im positiven Sinn.

Die Weine waren gut - zweifelfrei, modern gemacht, aber beliebig austauschbar, und schon gar nicht dem Rioja zuordenbar. Verlust von Authentiziät nenne ich das. Seither bin ich vorsichtig geworden bei Weinen aus La Rioja.

Das man aber auch heute noch unverkennbare Rioja Weine findet und diese auch in respektabler Menge, beweist ein Glas Crianza 1998 der Bodegas Lan, welches ich beim Schreiben dieser Zeilen trinke. Typische Nase, Frucht und Holz in schöner Symbiose, rund und harmonisch, schmeichelnde Süße, ein wundervoller Vertreter des klassischen Stils in der heutigen Zeit, *(*)/*** um € 10.

Manchmal schafft man auch den Spagat zwischen Moderne und Tradition. So habe ich das beim Senorio de San Vicente 2001 erlebt, einem dichten und homogenen Wein, der weich ist und trotzdem genug Tannin aufweist, sehr, sehr gut, **/***, €30.

Die Weine von La Rioja Alta wie Vina Ardanza bzw. 904 oder Vina Tondonia Lopez del Heredia zeigen auch heute unverändert die klassische Welt des Rioja, meine Welt des Rioja.

Beruhigend zu wissen, das das Magische in einem guten Glas Rioja noch immer vorhanden ist :-)

Tempranillo!

Kürzlich wieder ein Fixtemin in der VHS zum Thema Tempranillo mit Schwerpunkt Spanien und Portugal. Letzteres ist ja seit einiger Zeit in aller Munde und wird noch immer als Geheimtip gehandelt. Daß sich (nicht nur) aus den Rebsorten der Portweine auch hervorragende Rotweine keltern lassen, habe ich Gaumen nun schon des öfteren erleben dürfen und für Freunde des reifen Gerbstoffes ist der Douro eine wahre Fundgrube!
In der April-Ausgabe von Vinum ist ja ein schöner Bericht über Portugals Frauenpower-Weine drinnen. Sandra Taveres da Sivas 2001 Chocalpaha aus der Estremadura war mir trotz Heidelbeeranklängen und Mineralik zu weich und lasch, zu wenig fordernd, ist aber bei den meisten Verkostern gut angekommen. Begeistert war ich hingegen von Susana Estebans Quinta do Crasto Reserva 2003. Hier spürt man förmlich die Hitze Portugals, anfangs süßsaure Drops, dann Kirscharomen, Mineralik, ein regelrechter Dialog zwischen Fruchtsüße und Tannin, gutstützende Säure, ** mit Potential/*** um €17!

Ein P/L-Schnäppchen ist im Alejandro Fernandez' Dehesa la Granja, Vino de Mesa 2001Toro-Gebiet um €10, herb würzig und die allen Fenandez' Weinen zueigene Harmonie und Balance zeigend, mehr Wein um weniger Geld gibt's nicht!

Wunderschön auch der Vino de la Tierra der Bodegas Mauro, Ribera del Douero, ein schwarzes, dichtes, junges und fruchtsüßes Konzentrat mit superben Anlagen, **/***, €25. Ein Erlebnis war der 2003er Domino de Atauta, ebenfalls Ribero del Douero, aus 120 Jahre alten Rebstöcken - also vor der Reblaus Ära! - Burgunder Stilistik, Eleganz und Rasse zeigend, mit viel Druck, herrlich und **(*)/***, €25.

Also wie immer jede Menge toller Weine für's gute Geld. PS: Viele der obegenannten Weine gibt es bei Isabel Simals Cielo del Vino in München, rundherum zu empfehlen!

Dienstag, 9. Mai 2006

Chateau Mayne Lalande

Nun ja, irgendwie habe ich ein Faible für (rote) Bordeaux, das läßt sich wohl nicht verheimlichen, auch wenn mein Herz hier für jene Weine schlägt, welche nicht so sehr im Rampenlicht stehen, und daher kann ich auch immer mit Fug und Recht behaupten, daß Weine aus Bordeaux gemessen an ihrer Qualität (und Lagerfähigkeit) günstige Weine sind.

Trotz alledem sind Bordeaux manchmal sehr komplizierte Wesen, fast kapriziös, wehe, man erwischt sie im falschen Moment! Den richtigen vorherzusagen, bedarf aber fast eines Orakels ;-)

So geht es mir auch mit Chateau Mayne Lalande, einem Cru Bourgeois aus dem Listrac; ein Weingut, daß ich seit seinen Anfängen in der Öffentlichkeit (gepuscht von Chateau Classic) verfolge. Bernard Lartique - dem Inhaber - verdanke ich meine schlimmste Verkostungserinnerung eines Weines dieser Region, den 1999er, dünn, sauer, bestenfalls verschlossen mit einer vagen Hoffnung auf Wiederauferstehung. Auch eine Woche in der Karaffe mit täglichem verkosten brachte keine Besserung! Keine €3 hätte ich für diesen Wein locker gemacht! Wird der jemals (wieder?) was werden? Oder war's das schon? Only time will tell!
Im Gegensatz dazu der 2003er: wundervolle Röstnase, am Gaumen mittelgewichtig, sehr geschliffen, mit feiner Säure, ein Gentleman, am dritten Tag dann in voller Pracht, offen und weichherzig, Anklänge an Kirschfrucht, Mon Cheri-Noten, Zwetschke, am Gaumen herrliche Fülle, Früchtsüße gepaart mit reifen Tanninen, alles im Lot und wunderbar seidig, ein Traum für €15, der immer Lust auf einen weiteren Schluck macht, so nah liegen Hölle und Himmel beisammen, Bordeaux, ich bleib dir treu!