Montag, 20. September 2010

Weinrallye #37 - Tout Blanc - Weine aus dem Süden

Baccantus möchte diesmal den Weißweinen aus dem Süden Frankreichs (1|2|3) zu einem eigenen Auftritt verhelfen und proklamierte deshalb für diese Rallye das Motto: tout blanc

Marsanne, Roussanne, Viognier, Sauvignon, Chardonnay, Rolle (Vermentino), Grenache Blanc, Bourboulenc, Clairette Blanche, Muscat blanc à petits grains, Piquepoul Blanc, Terret Blanc & Gris, und und und..
An weißen - und autochthonen - Rebsorten mangelt es dieser Riesenregion also wahrlich nicht.. .

***
"Weiße Weine" aus dem Süden?
Viele Weintrinker würden hier wahrscheinlich die Augenbraue hochziehen, steht doch in unser aller Synopsen der Süden eindeutig mit kräftigen Roten gedanklich in Verbindung.
Ich hatte aber in den letzten Jahren einige Aha-Erlebnisse mit Weißweinen aus "dem Süden" - den es ja so eigentlich gar nicht gibt und hier bei mir einmal als Platzhalter für Portugal, Spanien, aber auch dem Midi zu sehen ist.
Daß das Midi auf meiner persönlichen Weinkarte kein weißer Fleck ist - eigentlich in meinem Weinverständnis überhaupt existiert - liegt einzig und allein an der Tatsache, daß der Weinhändler meines Vertrauens einen Schwerpunkt in seinem Sortiment in Südfrankreich hat.

Regional gesehen habe ich in meinem Kopf für den Süden Frankreichs eigentlich nur 2 Töpfe: einen für die Provence (samt der südlichen Rhone) und dann noch für den Rest ;-)
Auch habe ich bis heute keine rechte Unterscheidung zwischen einem Wein zB. aus dem Cahors und einem in der Nähe von Montpellier, geschmacklicher Natur meine ich, geografisch weiß ich das schon auseinanderzudividieren, ungefähr zumindestens ;-)

Und das, obwohl ich bereits einige gute Flaschen Wein aus diesen Regionen genossen habe, neben den grandiosen Weinen eines Herrn Gauby zB. einen g'schmackigen und äußerst preiswerten Viognier von der Domaine Les Yeuses, aber auch Exemplare aus dem Irouléguy, und da muß schon mal gegoogelt werden um zu wissen, wo sich das befindet!
Alles waren - und sind - meistens Einzelflaschen, die durch meine Gurgel fließen und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß die Namen der Winzerinnen und Weingüter kommen und gehen, ohne eine meiner freien grauen Zellen auf Dauer zu belegen.

So war ich also guten Mutes, daß ich eine Flasche Weißwein, welche dem strengen Reglement der Weinrallye entsprach auch in den Untiefen der Kellerregale zum Vorschein bringen werde.
Naja, was soll ich sagen, ich wahr wohl etwas zu voreilig und zu optimistisch und wurde erst nach intensiver Suche fündig! Dafür habe ich jetzt wieder Durchsicht bei meinem Südfrankreich-Eck :-)


Clos Marie, Manon 2007, Pic St. Loup, Christophe Peyrus erzeugt diese Cuvée biodynamisch bewirtschaftete Reben aus Grenache Blanc, Ugni Blanc und Bourboulenc, das Holz für die Weinfässer kommt aus Österreich von Faßbindermeister Franz Stockinger und der Wein trägt den Rufnamen seiner Tochter Marie. Im Glas ein klares, helles, fast leuchtendes Goldgelb, sehr getragene, feine Nase, nichts üppiges oder überbordendes, nichts fruchtiges, eher Würze und komplexe Aromakomponenten von der Feinhefe(?), guter Extrakt, sehr rund und harmonisch am Gaumen, ein insgesamt unaufdringlicher Wein der leisen Töne, das Holz dezent in der Aromatik, gut "gemacht", hat sich einige Tage ohne merkbare Qualitätseinbuße in der Flasche gehalten, aber für mich auch ein wenig zu solide, zu brav und zu "unaufgeregt", *(*)/***

Probiert habe ich den Wein zu verschiedenen Gerichten. Von frisch geräucherter Makrele (Steckerlfisch) über 20 Monate gereiften Vorarlberger Bergkäse bis hin zu Spinat-Feta-Strudel. Zu allen Gerichten hat es halbwegs gepasst, kulinarischer Höhepunkt in der Paarung war keiner dabei, was soll ich sagen: solo genossen hat mir dieses Exemplar einfach am Meisten gemundet.. .

Samstag, 18. September 2010

Weinherbst

September und Oktober ist Weinzeit. Weinfestivitäten allerorts - dagegen ist nichts einzuwenden. Weinfeste können auch in Regionen durchgeführt werden, in denen keine Rebflächen (nennenswerter Größe) vorhanden sind. Daß aber im Großraum Linz Weinlesefeste stattfinden, finde ich schon bemerkenswert. Oder war ich einfach nur schlampig beim Lesen und es handelt sich womöglich um ein Wein-Lese-Fest, das ja semantisch durchaus was anderes ist?

Egal, schließlich hat unser schönes Oberösterreich sowohl geschichtlich einiges mit Wein zu tun und irgendwo müssen ja auch die Reben stehen, die unsere Agrarpolitiker zu einem eigenen OÖ-Weinbaugesetz inspirierte (bei der sogar der Cot / Malbec als Tafelweintraube zugelassen ist. Respekt meine Damen & Herren, für ihre mikroklimatische Weitsicht ;-)

Also, dann auf zum Lesefest..

Sonntag, 12. September 2010

HL Hatzenporter Kirchberg 2002 / 03 / 04

Meine letzte Verkostung der Ersten Lage des Hatzenporter Kirchbergs liegt nun bereits 3 Jahre zurück und da mein Rieslingregal im Keller ohnehin ein paar Lagerplätze brauchen kann, kostete es keine Überwindung diese 3 Flaschen vom Weingut Heymann Löwenstein zum Genuß freizugeben.. .
  • Heymann-Löwenstein, Hatzenporter Kirchberg Erste Lage 2002, Mosel, kräftiges Gold, wunderbar gereifte Nase, gedörrte, süßliche intensive Früchte, Richtung Exotik, aber auch Anis, prachtvoll geschmeidiges Mundgefühl, der Extrakt kleidet jeden einzelnen Winkel aus, wird nach einem Tag noch harmonischer, die Süsse nun perfekt integriert, ein zarter Hauch von Balsamik, Petrol, wie immer viel Extrakt, zeigt aber zugleich auch feine Säure, mittellanger, balancierter Abgang, *(*)-**/***





  • Hatzenporter Kirchberg 2003, spielt doch gleich eine Liga höher, man kann das vollreife Traubengut richtig riechen, pure Honignoten, leicht parfumierte Nase, etwas Tabak, trotzdem wirkt der Wein getragen und nicht üppig, am Gaumen superbe Balance zeigend, ein Mundvoll Wein, der alles auskleidet und der - bevor's zu viel wird - das nuancierte Säurespiel nebst Mineralik zum Vorschein bringt und in den Vordergrund schiebt, im langen Abgang wiederum die süßlichen Honignoten hevorzaubert, toller, weil hedonischter Stoff, **-**(*)/***
  • Hatzenporter Kirchberg 2004, schönes sattes Gold, in der Nase erstmals reife Gelbfrucht, Birne, zart parfumiert, aber anfangs auch bereits ein Hauch von Petrol im Hintergrund, das am 2 Tag. verfliegt, mineralische, salzige Spannung, dezent kräuterwürzig, alles in Balance, wirkt fokussierter und mehr straight forward, intellektueller und weniger hedonistisch, wirkt am Gaumen fast trocken und doch mit druckvoller Substanz, die Süße noch nicht ganz eins mit der nervigen Säure, anfangs dominierendes Zitrus, das später einer salzigen Textur im Rückgeschmack weicht, hat eine erstaunliche Länge, ist kräftig, nicht fett, und doch finessenreich, ein anspruchsvoller Kirchberg, der es lohnt, karaffiert zu werden, und es belohnt, wenn man sich Zeit für ihn nimmt, toller Wein, weil doch so "anders" als die beiden Vorgänger, noch reichlich Lagerpotential vorhanden, derzeit jedenfalls ein kongenialer Partner zu asiatisch, leicht scharfen Gerichten, in unserem Fall zu Zitronengras-Gambas mit viel schwarzem Pfeffer, aber mal ehrlich: eigentlich ist so ein Kaliber zu schade zum Essen, also die halbe Flasche aufheben zum Solo-Genießen, hinterläßt nachhaltigen Eindruck, Kategorie: persönlicher Lieblingswein! **(*)/***
Die Kostnotizen der Bloggerkollegen von "Nur ein paar Verkostungen" zum 2005er machen richtig Lust, bei dieser Lage im Jahrgang weiterzutrinken.. .
Aber halt! Habe ich überhaupt ein solches Exemplar im Keller liegen?

[ Zurück aus dem Keller :-( - wer erbarmt sich meiner und spendet ein 05er-Exemplar? ]

    Donnerstag, 9. September 2010

    Vom Wesen des Bio-Weins

    Der Mehrwert des Bioweins dürfte uns allen ja hinlänglich bekannt sein. Weniger Schadstoffe im Wein, nachhaltige, weil ökologische, Bewirtschaftung des Bodens, robustere, gesündere Reben ergeben auch einen qualitativ besseren Rebensaft, und so fort.. . Das alles ist nur ein kleiner Auszug der Vorteile und soll hier auch gar nicht Gegenstand der Betrachtung sein!

    Das Wesen eines Bioweins ist gar nicht so einfach zu beschreiben, denn oftmals sind Weine gar nicht als solche (nämlich als Bio) erkenntlich. Andersherum funktioniert es natürlich auch, denn biologischer Anbau alleine ist noch kein Garant für einen guten Wein.

    Allen für mich gut gemachten gewachsenen Bioweinen gemeinsam war jedenfalls immer ein
    • inneres, natürliches Gleichgewicht, die Weine sind auf eine innere Harmonie bedacht, welche auch als Spannungsboden auf der Zunge erfühlt werden kann, dh. daß alle Bestandteile wie Frucht, Süße, Gerbstoffstruktur, Säure, usw. in einem wohlproportioniertem Ganzen vereint sind - der Wein wirkt einfach entspannt, in sich ruhend und "relaxed"...
    • Säure und Frische: Bioweine wirken oftmals in ihrer Gesamtheit bzw. im Mundgefühl sehr weich. Bezogen auf die Säurestruktur (und mit einem österreichischem - heißt nördlich gepegelten - (Wein)Gaumen bestückt) kann ich manchmal fast sagen: lasch.
      Nicht immer mag ich das, manchmal verspüre ich unbändige Lust nach einer schneidigen, fordernden Säure, die mich bis in die Zehenspitzen kitzelt, lockt und munter macht. Im Gegensatz zu einem konventionellen Wein jedoch, stört das die Gesamterscheinung und Balance nicht und auch die Frische bleibt beim Bio-Exemplar stets vital.
    Beides jedenfalls ist für sich erschmeck- und erlebbar und zusammen das bisher einfachste Anzeichen, daß es sich um einen Biowein im Glas handeln *könnte*. Sicherlich gibt es noch weitere Merkmale und keinesfalls erhebe ich hier den Anspruch, daß dies eine sichere Identifikation erlaubt, aber weiter bin ich eben noch nicht vorgedrungen.. ;-)

    Was sind denn diesbezüglich eure Gaumenempfindungen?

    Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit, die meine Gedanken bestätigt und wieder ins Rollen gebracht haben, ist der Wein der

    Domaine La Courtade, Alycastre 2008, Côtes de Provence, ein Rosé gekeltert aus den Rebsorten Cinsault, Tibouren und Mourvèdre, ins deutliche Orange gehender Farbton, sehr getragene Nase, Erdbeernoten gepaart mit genau der Richtigen Herbheit, die an einem heißen Tage der Erfischung förderlich ist (und wesentlicher Bestandteil eines guten Rosés ist), hat einen kühlen und erfrischenden Minz- bzw. Eukalyptushauch vorzuweisen, gutes Mundgefühl, beweist schwebende Eleganz am Gaumen samt trinkanimierende Saftigkeit mit einer fast seidigen Säurestruktur im Abgang, das Glas ist ratzfratz leer und ebenso schnell wieder gefüllt, ein exzellenter Weinwert, **-**(*)/***

    Samstag, 4. September 2010

    LoL (2) - Madeira

    Fortsetzung von LoL-"land of lizards"...

    Eigentlich haben wir ua. wegen des Neulandes des Madeiraweins diese Insel als unser diesjähriges Urlaubsziel auserkoren. Aber anstatt sich gleich zu Beginn mit den unterschiedlichen Rebsorten und Weinstilen der Insel zu beschäftigen, erklommen wir erstmals die grünen Berge, wanderten zwischen tiefen Schluchten und erlebten an einem Tag abwechselnd Sonne, Nebel und Nieselregen - das alles bei angenehmen Temperaturen jenseits der 25°C! - erfreuten uns an den Festlandweinen Portugals zu schmackhaftem, regionalem Essen, das bäuerlichen Ursprungs ist und daher zumeist ziemlich deftig ausfällt:
    - in Rotwein geschmortes, kräuterwürziges Gebirgskaninchen- köstliche wärmende Tomatensuppe mit pochiertem Ei (rettet besonders bei Nebel und Nieselregen im Hochsommer die Seelenbalance ;-)
    - Fisch in allen Variationen, so zB. der berühmte Degenfisch "espada", sehr gut als Madeirensisches Nationalgericht mit süßer Banane, aber auch Bacalhau / gepökelter bzw. frischer Stockfisch als portugiesische Spezialität
    - nicht zu vergessen meine liebste Vorspeise, Lapas (Napfschnecken) mit krossem Knoblauchbrot- für die Fleischgerichte war - sagen wir es wie es war - meisten eine Kiefermuskulatur eines Pferdes notwendig, das galt auch für den traditionellen "espetada"

    Douro, Dão und Alentejo-Weine
    , die in jedem Gasthaus reichlich und zu Preisen umd die 8 - 15 (pro 0.75l Flasche wohlgemerkt, in Funchal + Eur 5) angeboten werden, erfreuen dabei des Weintrinkers Herz und lassen einem so kräftig gurgeln, was in Anbetracht des üppigen Essens und der Größe der Portionen zur Verdauung auch ziemlich zweckdienlich ist ;-)

    1 Flasche Wein zum abendlichen Geschmause manifestiert sich somit als Standarddosis für unseren 14-tägigen Aufenthalt. Untertags sprechen wir eher dem auf der Insel erzeugtem "lokalen Saft der Passionsfrucht" in Form von "Brisa" Maracuja zu. Wegen der Süße des Getränks empfiehlt sich die Order "with plenty of ice, faz favor".

    Aber für Süße haben die Madeirenser eine Vorliebe, das merkt man auch am Poncha und der Tatsache, daß die wenigsten einheimischen herben, trockenen Weißwein schätzen! Und das, obwohl sich auf den meisten Getränkekarten neben "vinhos brancos" auch eine eigene Rubrik für "vinho verde" mit mindestens gleichvielen Positionen findet. Ein Zugeständnis an die Gäste vom Festland?
    Frisch gepreßter Zuckerohrsaft mit viel Zitrone (und optionalem Zuckerrohrschnaps) schmeckt gar nicht so übel, wie wir auf der "semana gastronomica", welche jährlich in der ersten Augustwoche in Machico stattfindet, feststellten.

    Aber zurück zum Traubensaft. Die genossenen portugiesischen Weine waren allesamt sauber vinifiziert, einmal mit mehr, das andere Mal mit weniger eigenem Charakter. In nachhaltiger Erinnerung geblieben sind uns aber vor allem aber die trocken ausgebauten, ungespriteten Weißweine der Insel. Interessanterweise setzen die meisten Restaurants aber lieber auf die bekannteren Weine aus Portugal als auf die lokalen Varietäten, denn meine Frage nach einem Angebot an regionalem Rebensaft wurde oftmals verneint. Auch mengenmäßig erklärbar, werden doch nur rund 57.000 l Stillwein der Qualitätsstufe VQPRD (Qualitätswein mit Herkunftsbezeichnung) jährlich erzeugt, das entspricht gerade einmal mickrigen 0,01425% der Gesamtweinproduktion! Quelle: IVBAM

    Nur am nordöstlichsten Zipfel in Porto Moniz - wo sich selbst auch eine größere Anbauzone für (gespriteten) Madeirawein befindet - und in Funchal haben wir in den Restaurants einige Exemplare genießen können. Auf alle Fälle lohnt es sich danach zu suchen, denn die Qualität der meistens aus Verdelho-Trauben gekelterten oder in einer Cuvée mit der deutschen Neuzüchtung Arnsburger, mineralischen geprägten Weißweine ist sehr ansprechend und braucht keinen Vergleich mit den Festlandweinen Portugals zu scheuen.

    2 Exemplare des Jahrgangs 2008 habe ich in besonders angenehmer Erinnerung:
    • Terras do Avô ("Land des Großvaters") Branco mit lustigem grünen Etikett! und
    • den Barbusano (bezeichnet eine Art Lorbeergewächs) der gleichnamigen Quinta aus São Vicente
    Die Glaskultur auf der Insel ist sehr unterschiedlich und durchwegs durchwachsen. Ein gehobeneres Lokal ist noch kein Garant für ein ansprechendes Glas. Manchmal ist das auch gar kein Problem, ein süffiger Zechwein zum rustikalen Essen kann auch aus einem ordinären, gerollten 1/8l-Glas schmecken, bei einem fragilen Weißen zu frischem Fisch jedoch steigen schnell die meine Ansprüche (an ein dünnwandiges Glas mit mehr als 0.1l Fassungsvermögen).

    Ein paar sehenswerte Bilder der auf der Insel kultivierten Stillweine gibt es in einem Beitrag der spanischen Vinum-Ausgabe vom Dezember 2009.

    Fortsetzung folgt...