Samstag, 16. Februar 2008

American Dreams, Part Two

Hier geht's zum ersten Teil.
  • Gestartet wurde mit einem Sekt von Gloria Ferrer aus Carneros, Sonoma Brut, frisch, hefig, brotige Noten, geröstete Haselnüsse, sehr perlend, schlank und sauber, €19.
  • Schug Winery, Chardonnay 2005, Carneros, klassische Chardonnaynase, sehr angenehmes Toasting, fast kühl, am Gaumen, dann noch nicht ganz rund, aber viel Potential zeigend, ziemlich langer Abgang, wunderschönes Exemplar, *(*)-**/***, €22
  • Laurel Glen, Reds 2005, Sonoma, eine Cuvee aus sehr, sehr alten Reben, vornehmlich Zin, Syrah & Carignan aus Lodi, Blauviolett, erstaunlich dicht, herrlicher Nasenwein, spicy, Rumpflaume, Würze zeigend, vielschichtig, immer wieder neue Facetten zeigend, mittelgewichtig, unmittelbarer und (er)frische(nde)r Trinkspaß, kühl im Abgang und genau das Gegenteil der alkoholreichen Monsterweine, sensationelles Preis/ Genussverhältnis um €10, nicht umsonst als "Wine for the People" tituliert, **/***, liefert den Beweis, daß gut und günstig aus den Staaten möglich ist!
  • Cristom Vineyards, Pinot Noir Sommers Reserve 2005, Oregon, für einen Pinot sehr kräftige Farbe, die Rebsorte ist eindeutig auszumachen, dominante Säure, wirkt eine wenig wankelmütig im Glas, hinterlässt gemischte Gefühle, €26
  • Au Bon Climat, Pinot Noir Barham Mendelson 2005, Russian River, Granatrot, wirkt oxidativ, zeigt eine enorme Fruchtsüsse in der Nase und am Gaumen, kraftvolles Tannin vor der Zunge (Lippe), viel Struktur, kein schlechtes Exemplar von Wein, */***, €34
  • Francis Ford Coppola, Merlot Blue Label Diamond 2005, California, wer kennt ihn nicht, als Regisseur und Produzent einiger berühmter Filmepen. Ich wage aber zu prognostizieren, dass seinen Weinen dieser Erfolg (in good old Europe) aber nicht in gleichem Maße beschieden sein wird; dunkelster, violetter Stoff, Würze, Kirsche, Vanille, fett & rund ohne erkennbare Struktur und Kanten, überhaupt nichts (für mich) typisches von der Sorte, protzig, aber nicht ohne Finesse und Säure am Gaumen, ist noch der Beste der drei verkosteten Weine, €18
  • Francis Ford Coppola, Claret Black Label Diamond 2005, ein typischer Bordeauxblend mit CS, Merlot, CF und Malbec, wiederum violett mit dunkelschwarzem Kern, wirkt in der Nase toral überkonzentriert, viel Säure, die Wucht erschlägt einem dann am Gaumen, die Stilistik wirkt ein übriggebliebener Dinosaurier einer vergangenen Epoche, €18
  • Francis Ford Coppola, Zin Red Label Diamond 2005, setzt die Stilistik fort, überkonzentriert, dabei aber labrig weich, wirkt unnatürlich und gemacht, komplett unblanciertes und unharmonisches Mundgefühl, sorry Mr. Coppola, aber mit dieser Stilistik ist es mir unvorstellbar, daß man solche Weine auch nur ansatzweise als angenehm zu Trinken empfinden kann, €18
  • Quivira Vineyards, Zinfandel 2004, Sonoma, ein Bio-Exemplar, schimmert purpur, kühle Würzigkeit, gute Struktur, ist äußerst saftig, wirkt harmonisch und reif, einige Gerbstoffe und Würze im Abgang, bravo, *(*)/***, €18
  • Ravenswood, Cabernet Sauvignon Gregory Vineyard 1991, Sonoma, mit 25% Merlot verschnitten, beginnendes Braun, viel Eukalyptus, komplexe Nase, medizinische Noten am Gaumen, feine Säure, hat sich gut gehalten für sein Alter, Respekt, €29
  • Ladera Vineyards, Cabernet Sauvignon Lone Canyon 2001, in der Farbe absolutes Schwarz, das schwärzeste Schwarz, daß ich jemals bei einem Wein gesehen habe, viel Kräuterwürze Richtung Maggikraut gehend, präsentiert sich dabei strukturiert und fest am Gaumen, reifes, mürbes Tannin, schöner Wein, wenn da nicht das stolze Preisschild wär! *(*)/***, €54
  • Ojai, Syrah Stolpman Vineyards 2004, St. Barbara, wiederum ein biologischer Vertreter, purpur mit schwarzem Kern, sehr tiefgründige Nase, fruchtige und würzige Anklänge, reife und süsse Gerbstoffe, fast molliges Mundgefühl, hervorragend, *(*)/***, €28
  • Corison, Cabernet Sauvignon 2000, Napa Valley, schwarzer Kern, feminine Nase, ruhig, balanciert, Cassis, im direkten vergleich zu den Vorgängern herrlich unspektakulär (normalerweise deute ich das verhalten positiv), beerig, harmonisch, kein Blender, */***, €43
Welches Resumee habe ich nun aus dieser Verkostung gezogen?
Nun, zum einen gab's erstmals richtiggehend attraktive amerinaische Weine. Konnte ich die Weißen mit ihrem (sehr gekonnten) Holzeinsatz noch eher der amerikanischen Stilistik zuschreiben, widersprachen einige Roten meinem zugegebenermaßen auch von Klischees geprägten amerikanischem Weinbild, Ausnahmen wie die Coppola-Weine - die für mich ohnehin die Flops der Verkostung darstellten - einmal ausgenommen. Zum anderen gab es zwei sehr gute Vertreter aus biologischem Weinbau und einen so wundervollen, komplexen und preisgünstigen Roten, den jeder einmal probiert haben sollte! Der - und das nur nebenbei bemerkt - nochdazu aus dem sehr mengenstarken Jahrgang 2005 entsprang.
Die Weine waren allesamt sehr kräftig, was sich naturgemäß auch in den Volumsprozenten niederschlägt. Für Personen, die vor dem Geniessen bereits misstrauisch das Etikett nach dem Alkoholgehalt beäugen, werden diese Weine daher wohl nur einen bedingten Genuß darstellen, 14% - 14,5% Vol. sind die Regel und ein bißchen mehr auch keine Seltenheit. Trotz des klimatisch bedingten höheren Alkoholgehaltes der Weine wirkten diese in Summe aber sehr stimmig und fast immer weit weniger alkoholisch als zB. die australischen Pendants. Keine unangenehmen Alkoholstecher in der Nase, keine brandig wirkenden Weine am Gaumen oder im Abgang.
Interessant war dabei für mich festzustellen, daß sich die Weine in einem kleinen Glas á la Riedel Universal (= Chardonnay) weit wohler fühlten als im Bordeaux-Kelch. In letzterem wirkten die Weine dumpfer, verschwommen, weit weniger fokussiert und vor allem meistens alkoholischer.

Alles in allem 2 gelungene Abende, die mein Amerika-Weinbild etwas zurechtgerückt haben.

Bildnachweis Laurel Glen Reds: K&U - Die Weinhalle

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