Mittwoch, 6. Februar 2008

Weinrallye #8

Iris vom Weingut Lisson hat sich zur 8. Weinrallye das Thema "Etikettentrinker - Alles für's Auge" ausgesucht.
Liebe Iris, ein tolles Thema hast du dir da ausgesucht, das könnte fast "mein" Thema einer Rallye sein - also gleich ran ans Eingefüllte!

Jemals fasziniert gewesen von einer ansprechenden Etikette? Ich leider viel zu selten! Schon einmal einen Wein am Tisch gehabt, wo du das Gefühl hattest, dass am Outfit der Flasche die letzten 100 Jahren spurlos vorüber gegeangen sind? Ich schon! Oder ist das eh' egal, solange nur das Flüssige drinnen stimmt? Und dich jemals gefragt, ob der Inhalt dem Äußeren auch gerecht wird? Oder anders formuliert: gibt's eine Korrelation zwischen der Gestaltung und dem eigentlichem Produkt, dem Wein?
Sind Weine mit ansprechendem Etikett genauso gestylt? Modern gemacht? Wirken vielleicht sogar "konstruiert"? Und wie sieht das im Gegenzug mit den tradionell gehaltenen Etiketten aus? Die vermitteln doch Seriösität und Vertrauen, oder? Haben Seele, oder? Über die unzähligen diletantischen Versuchen der Marke "ich hab einen PC mit Word und jetzt mach' ich mir schnell ein schönes Etikett!" ganz zu schweigen!

Eine kleine Interpretationskunde zu den durch die unterschiedlichen Etikettenstile vermittelte Botschaftn gibt's übrigens beim Design-Atelier Liber nachzulesen.

Österreich hat diesbezüglich in den letzten Jahren Boden gut gemacht. Es gibt etliche ansprechende Etiketten, wie auf meiner Collage - einem Auszug aus dem österreichischen Wein-Design Wettbewerbs 2006 - zu sehen ist.

Bildnachweis: www.wein-design.at

Nichts-desto-trotz geht mir auf diesen Exemplaren etwas ab!
Ich hab zuerst ein wenig d'rüber nachdenken müssen, dann aber war's mir klar, was abgeht. Es ist die Portion Humor, ein verstecktes Augenzwinkern, eine kleine Botschaft, die das Leben oft so erheitert, etwas, das Zeugnis darüber ablegt, daß man über sich selbst lachen kann und sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Gute Beispiele dafür sind allerdings schwer zu finden - spontan fällt mir da zB. der Fabelhaft von Dirk Niepoort mit einer Geschichte von Wilhelm Busch ein, sowie die leichtbekleidete Dame im roten Kleid in der Collage - sie sagt: turn me red - ein Schelm, wer da an - naja, was auch immer - denkt.

Also bin ich auf Wanderschaft gegangen und habe die Weinregale nach anspechenden Etiketten durchsucht - einen Wein gefunden - die Flasche ab in den Einkaufswagen - nach Hause gerauscht - wie es sich für ein gestyltes Produkt gehört natürlich am Schrauber gedreht, der leistete so ziemlichen Widerstand, eine neue Erfahrung beim Drehverschluß! - geschnüffelt, gegurgelt und bewertet!

Cumulus Wines, Climbing Shiraz 2005, Orange, Australien, rubinrot mit dunklem Kern, würzig, fruchtbetonte Nase, zarte Kirschenaromatik, Schokolade, viel weißer Pfeffer, mittelgewichtig und eher von ernsthaftem, herben Charakter, merklich Tannin, der Alkohol und leichte Gerbstoffe dominieren im Abgang, bzgl. der Aromatik eher kurz, handwerklich sauber gemacht, wirkt in keiner Phase "heiß" oder plump wie unzählige andere Vertreter dieses Kontinents, durchaus mit Spaß zu trinken, überhaupt leicht gekühlt, die Harmonie gewinnt am zweiten Tag, wirkt deutlich homogener, die Herbheit bleibt jedoch prägnant, ebenso wie der der Gewürzstrauß, *(*)/***

Ein ansprechendes Etikett hat sich auch eine genauere Betrachtung verdient. Dieses hier ist in einem beschwingt lockeren und etwas altmodischen Stil samt anachronistisch anmutender Darstellung einer Flugmaschine à la Jules Verne gehalten - das läßt Technikerherzen doch gleich höher schlagen - und trägt einen gut fühlbaren, geprägten Schiftzug - ergo eine Wein für alle Sinne!
Das Thema (Climbing) - sowie der Name der Winery selbst (Cumulus) - sind ein Indiz auf die hohe Lage der Weinberge, welche sich innerhalb der höchsten weinproduzierenden Region Australiens, in Orange, befinden. Die Assoziation der Höhe mit himmelführenden Leitern gilt aber nicht nur der Region selbst, sondern ist auch Ausdruck der nächsten Qualitätssprosse innerhalb der Cumulus Produktlinie, ausgehend von der Basis mit der erdverbundenen Bezeichnung "Rolling" - nomen est omen :-)

Die Conclusio: nettes Etikett - netter Wein!

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