Donnerstag, 10. April 2008

Weinrallye #10 - Chenin Blanc

Im Gegensatz zu den vorigen Rallyes gibt's diesmal wieder einen Rundkurs zu einem ganz konkreten Thema - Christoph von originalverkorkt ruft auf zur Verkostung von Köstlichkeiten aus der Rebsorte "Chenin Blanc" - für die meisten wohl unbekanntes Neuland (?).

Epilog:
Einmal im weiten Internetz kurz nach den gängigen Rebsorten suchen, um ein paar Größenordnungen zu erhalten:
  • Riesling > 4,5 Mio Treffer (nach Larry Serge Google)
  • Chenin Blanc > 1,4 Mio Treffer
  • Grüner Veltliner > 306 Tausen Treffer ;-(
Wow, ganz schöne Abstände! Zum Vergleich einmal die ABC-Weine:
  • Chardonay > 9,1 Mio Treffer
  • Cabernet (> 10, 8 Mio Treffer) Sauvignon > 8,8 Mio Treffer
Naja, das war ja nun nicht wirklich überraschend. Schauen wir uns doch einmal im Vergleich dazu den Rebsortenspiegel (Stand 2005) nach der weltweiten Anbaufläche an (Quelle: www.vienna.at ):
  • Chenin Blanc > 59 Tausend Hektar
  • Riesling > 57 Tausend Hektar
  • Grüner Veltliner > 30 Tausend Hektar
  • Cabernet Sauvignon > 120 Tausend Hektar
Liebe Weinfreunde, da stellt sich doch glatt eine leichte Schieflage ein, oder? Was schließen wir daraus? Um es mit den Worten von Christoph zu formulieren:

"Chenin Blanc, eine Traubensorte, die nicht viele auf dem Schirm haben"

Monolog:
Lest man nach bei zB. Jancis Robinsons "Rebsorten und ihre Weine" oder Hubrecht Duikers "Loire" (beide Bücher bei Hallag erschienen) bekommt man gleich einmal Respekt vor dieser vielseitigen Wunderrebsorte, vom herrlichen Schaumwein über Massenweine, von knochentrocken hin zum noblen Süßwein hat 's die Chenin Blanc also anscheinend drauf - und das bei hervorragendem Alterungspotential.
Die Heimat dieser Sorte ist die Loire - dort auch Pineau genannt - wenngleich auch in den anderen Anbaugebieten der Welt, wo sich diese Sorte heimisch fühlt - Südafrika (dort als Steen geführt), Australien und Kalifornien - die weitaus größeren Mengen angebaut werden. In letztgenannten, im Vergleich zur Loire viel heißeren Regionen, wird Chenin Blanc ob ihrer kräftigen Säure ua. als verläßlicher Verschnittpartner geschätzt. Diese Eigenschaft macht sie auch für Schaumweine wie zB. dem Crémant de Loire und als Gegenspieler zur Süße von Prädikatsweinen sehr brauchbar.

Dialog:
Um der Chenin Blanc etwas von ihrem geheimnisvollen Wesen zu entlocken, entschied ich mich für zwei Weine, von denen ich annehmen konnte, daß sie aufgrund ihrer doch sehr unterschiedlichen Herkunft und des unterschiedlichen Jahrgangs - jung & frisch und etwas gereift - doch verschiedene Facetten zeigen werden.

Domaine Patrick Baudouin, Effusion 2004, Anjou, Loire, mittelkräftiges Goldgelb, sehr dezente Aromatik, Bergwiese, etwas Kamille, wundervoll rund, toll, wie frisch ein einfacher 2004er Weißwein doch (noch?!) sein kann, wirkt durch seine unspektakuläre Art bereits wieder spektakulär, macht Spaß, auch wenn dieser Wein keine ausgeprägte eigene Charakteristik besitzt, *(*)/***
  • Stellenrust, Chenin Blanc 2007, Stellenbosch, Südafrika, von über 40 jährigen Rebstöcken, klares Strohgelb, anfangs verhaltene Zitrusnoten, dann kräftige Nase nach Grapefruit, Apfelaromen, durchaus frische, wenngleich auch keine "strahlende" Aromatik, am Gaumen dann mundfüllend, plötzlich entsinne ich mich der 14 % Vol. am Etikett ;-), im Abang trocken mit feinem Säurespiel, kein zartes Wesen, sondern ein strammer Bursche, */***
Epilog:
Ziel erreicht? Nicht ganz! Wie verkehrt doch die Welt manchmal sein kann! Der ältere Loire wirkte so jung, der junge zwar frisch, aber wie ein Herkules - also definitiv kein Sommerterassenwein!
Chenin Blanc
, ein Wein ohne wirklich eigenen Charakter? War das meine Meinung vor dieser Weinrallye? Mitnichten! Auch wenn ein Schaumwein und ein Süßwein aus Chenin Blanc zwecks Degustation noch ausständig sind, glaube ich, daß meine beiden Weine typische Sortenvertreter sind! Auch wenn ich Chenin Blanc bisher nicht an einer spezifischen oder einzigartigen Eigenschaft habe festmachen können. Aber wer Willens ist, sich Zeit für diese vielseitige Rebsorte zu nehmen, der wird sicher nicht entäuscht werden und spannende Weinmomente ereleben, davon bin ich überzeugt.

Etwas ganz Wesentliches habe ich aber noch unterschlagen!
Beide Weine konnten sich als hervorragende Essensbegleiter profilieren - eine für mich ganz wichtige Eigenschaft - gehört doch meiner Ansicht nach Wein zum (und nicht nach dem) Essen serviert! Der gereifte Anjou war ein seriöser Begleiter zu Petersilien-Knoblauch-Garnelen, einer scharfen Pfefferoni-Pizza und nebenbei bewies er auch noch Steherqualiäten zu meiner Alltagsschokolade Zartbitter von Chocolat Frey - das schaffen nur wenige Weine! Und der junge, kräftige Steen machte zur pikanten Gemüse-Lauch-Fischpfanne mit Papardelle eine gute Figur. Chenin Blanc also doch mit Qualitäten? Mais bien sur!

Post Scriptum:
Dem 1999 Crémant Saumur Brut von Bouvet-Ladubay aus der Magnum geht's demächst an den Korken, Kostnotizen folgen selbstverständlich stante pede ;-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Patrick Baudoin wäre sicher ganz Deiner Meinung, dass seine Weine hervorragende Essensbegleiter sind und endlich aus der Apero-Dessert-Ecke herauskommen sollten!