Sonntag, 29. August 2010

Kommt Zeit, kommt (grandioser, österreichischer) Wein

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.

Diese Binsenweisheit gilt auch beim Wein und obwohl ich von vielen Winzern und Produzenten österreichischen Weins überzeugt bin und unserer Nationalrebsorte - dem Grünen Veltliner - sehr zugetan bin, so schielte ich doch in den vergangenen Jahren auch immer etwas neidisch zum westlichen Nachbarn und seinen feinen, nervigen, messerscharfen und mineralisch geprägten Weißweinen, allen voran dem Riesling.
Erst die tolle Rieslingstilistik der Nahe, Mosel und der Pfalz hat in mir überhaupt die Leidenschaft für diese Rebsorte geweckt.
Und obwohl ich die österreichische Leitsorte in Weiß mindestens ebenso hoch einschätze - vielleicht sogar ein eitzerl darüber - haben mir die Weine, die diesen Beweis erbringen, bislang gefehlt.
Auch wenn mir dies Ilse Mair vom Weingut Geyerhof heuer versicherte, daß Grüner Veltliner als kongenialer Partner zum Transport des Terroirs (in Österreich?) noch besser geeignet ist, als der Riesling.
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Zum Hochzeitstag führt man seine Frau fein zum Essen aus, so gehört sich das und ebenso gehört zu einem guten Essen auch ein guter Wein.
Da unser Lieblingslokal zur Zeit wegen Urlaubs geschlossen hat, packten wir die Gelegenheit beim Schopf, einmal ein Lokal zu versuchen, von dem wir schon einiges Gutes gehört hatten. Die Weinkarte wurde meinerseits bereits im Vorfeld sondiert und erfreute mein Weinherz durch eine durchdachte Auswahl und erfreuliche fair kalkulierte Preisgestaltung.
Langer Rede, kurzer Sinn, der Abend war lau, erlaubte das Sitzen auf gemütlichen Sesseln auf der Terrasse, das Service war nett und die Atmosphäre ungezwungen, das Essen gut, ließ aber für den Preis etwas die Finesse vermissen, der Wein jedoch, der war himmlisch!
Das war genau einer von jenen Exemplaren, die beweisen, daß meine "Lieblingsweißweinstilistik" (beim Riesling) auch beim "Grünen" existiert. Na also und na endlich!

Ein 2008er Grüner Veltliner Stockkultur Achleiten aus dem Weingut Prager in der Wachau war der Star des Abends, offen von Anfang an, schwebende und dezente Nase, zuerst grün-apfelig, dann Ringlotten, gelbe Äpfel und Birne, Würze, tolle Finesse am Gaumen, trinkfreudig mit perfekt harmonischer Säurebalance, mineralisch geprägt, dezent und nie üppig, ein Sir vom "Korken zur Flasche", ein superber Begleiter zu Aufstrich, Bouillabaisse, krossem Steinbutt auf Melanzani, und weich geschmortem Gab mit Parmesanpürree und Eierschwammerl, ein toller Wein aus einer tollen Lage aus einem tollen Jahrgang! **(*)/***

Und wie wenn nicht ein Beweis gereicht hätte, meinen Glauben an die heimische Rebsorte #1 zu festigen, kommt am Tag danach erneut eine weitere Offenbarung aus dem gleichen Jahrgang!

Weingut Neumayr, Grüner Veltliner "Wein vom Stein" 2008, Traisental, heller Farbton mit deutlich grünen Reflexen, von Anfang an eine "zwingende" Nase, fokussiert und messerscharf, Feuersteinaromatik, im Hintergrund der exotische Fruchtkorb, Banane, gelbe Birne, wirkt ungemein kühl beim Riechen, tänzelt spielerisch leicht über die Geschmacksknospen, bietet ein finessenreiches und doch druckvolles Gaumenerlebnis, die Frische und präsente Mineralik sind deutlich erschmeckfühlbar, alles in Balance, nerviges Säurerückrat, Zitrusnoten im Rückgeschmack, spannungsgeladen, gleich einem feinen Stromspiel "bremselnd" auf der Zunge (wer jemals eine 9V Blockbatterie an seine Zunge kurzgeschlossen hat, weiß, wovon ich hier spreche), wunderbare Eleganz, es sind Weine wie diese, die mich andächtig innehalten, denn das ist großer Stoff und entspricht genau den Komponenten, die ich im Wein so suche! **(*)/***

Zuletzt hatte ich mit einem 2006er Brauneberger Juffer feinfruchtig von Thomas Haag / Schloß Lieser soviel Spaß - oops - schon wieder diese deutschen Rieslinge ;-)

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