Montag, 19. Oktober 2009

Vom Glas zum Wein..

..handelt diese Geschichte.

Welches Glas zu welchem Wein gewählt wird, ist oftmals eine persönliche und somit rein subjektive Sache. Ziemlich unterschiedliche Kriterien führen zur Entscheidung, warum ein bestimmtes Weinglas erstanden wird - Design, Preis, Renommée, Robustheit, Spülmaschinentauglichkeit, Empfehlung, Haptik, usw. sind nur einige der vielfältigen und möglichen Auswahlkriterien.
Kaum ein Weinliebhaber, der sich der Bedeutung des Glases für den Wein nicht bewußt ist und so besitzen die meisten Weinfreunde zumeist auch mehrere Gläser für unterschiedliche Weinklassen, -sorten und -stile.
Wie viele verschiedene Gläser es sein müssen, darüber wird seit jeher kontroversiell diskutiert. Wo einige Glas-Hersteller mit 4 verschiedenen Formen auskommen, bieten andere für annähernd jede Rebsorte ein eigenes Glas - und die ganze Linie dann nochmals als preiswerte Maschinenlinie bzw. als noble mundgeblasene Serie an.

Aber eigentlich geht's gar nicht darum, welches *das* Beste aller Gläser ist, sondern nur um die Unterschiede zwischen einem kleinen und einem großen Glas für einen *guten* (diesmal roten) Wein.
Tendenziell neigen einige Menschen dazu, immer ein zu großes Glas zu nehmen. Das ist natürlich, hat was mit Wertigkeit - vielleicht auch Wertschätzung gegenüber sich selbst - zu tun und ein wenig mit Prestige, vor allem dann, wenn man im Glauben ist, einen besonders guten Tropfen zB. für Gäste geöffnet zu haben.
Die Zeiten, in denen es vor allem in der gehobenen Gastronomie angesagt war, auch für den einfachsten Hausroten ein großes, schweres Glas dem Konsumenten vorzusetzen, sind glücklicherweise dank fortschreitendem Weinverständnis passé.

Meinen bisherigen Erfahrungen und Empfinden nach richtet ein kleines Glas bei einem guten Rotwein niemals jenen "Schaden" an wie im umgekehrten Fall. Ein guter Wein bleibt auch in einem für ihn zu kleinen Glas immer noch gut, auch wenn vielleicht dadurch ein Teil seines Potentials nicht (bzw. noch nicht bei jungen, tanninreichen Weinen) offenbart wird.
Im anderen Fall jedoch verlieren sich Wein manchmal in den Weiten des Kelches, wirken dünn und ausdruckslos und verspielen jedwegliche Balance.
Ein Universalglas in Standardgröße bietet hier oftmals einen leichtern Zugang zum Wein und fokussiert die Aromen. Somit wird der Wein leichter "verständlich", erriech- und verkostbar. Nicht umsonst kommt auch bei Verkostungen hochwertiger Weine normalerweise ein "Standardglas" zum Einsatz.

Ich selbst erlebe das auch immer wieder bei Verkostungen, wo mich der direkte Vergleich des selben Weines in zwei unterschiedlichen Glasgrößen - wohlgemerkt des selben Herstellers und der selben Glaslinie - sicher macht, daß die meisten Weine im kleineren Universal-Glas den besseren Eindruck hinterlassen. Eine Einschätzung, die vielen Weinfreunden ein kleines Aha-Erlebnis bereitet und danach geteilt wird.

..von großen und kleinen Gläsern..
(hier in Form des neuen österreichischen Wunderglases Zalto)

Diesmal aber habe ich einen Wein im Glas, bei dem Vorangesagtes nicht zutrifft, ja im Gegenteil, dies in genau umgekehrter Reihenfolge Gültigkeit besitzt! Und zwar in einem wirklich gravierenden Maß.

Gérard Gauby, Domaine L'Orri 2002, Vin de Pays, Côtes Catalanes, Roussilion, ein aus einer Kooperation von nur 3 Jahrgänge mit Martin Kössler (K&U Weinhalle) entstander Wein, eine Cuvée aus Uraltreben (bis zu 130 Jahre alt) aus Grenache und Carignan, intensiv dunkler Kern, noch sehr junger Farbton, eine Intensität sondergleichen (das muß man mal erlebt haben) nach weihnachtlichen Gewürzen, Nelken, schwarzen Beeren, am Gaumen straff, fordernd, aber in der Mitte mit einer verbindenden Fruchtcharme, gestützt von nerviger Säure, unglaubliche Dichte, eine präsente, jedoch mürbe Gerbstofftextur begleitet den Abgang, von kühler Statur, intellektueller Wein mit hedoni(sti)schen Zügen, der aber auch Aufmerksamkeit einfordert und Zeit braucht, genossen zu werden! **-**(*)/***, €24

Im kleinen Glas naturgemäß ob der Fläche für den Riechkolben nur der halbe Genuß, diese unglaubliche Würzigkeit des Weines, in brachialer Dimension im großen Glases geht komplett verloren! Soweit noch keine Tragödie. Die Mitte aber bricht vollends heraus. Jene Mitte, die der Gaumen braucht, um diese nervige Säure und die reifen, massigen Gerbstoffe zu einem harmonischen Ganzen verbinden zu können. Der Wein wird damit schlichtweg ungenießbar. Er wirkt beim ersten Zungenkontakt sofort sauer, um dann komplett in die Tanninschiene zu kippen. Zurück bleibt ein hartes, undurchdringliches Etwas, ohne auch nur den geringsten Trinkfluß zu vermitteln!
Zuerst habe ich geglaubt, der Wein ist gekippt, aber bei einer solch famosen Qualität am ersten Tag wäre das doch eher unwahrscheinlich. Und wahrlich lag es nur am unterschiedlichen Glas, ein einfacher und direkt durchgeführter Vergleich aus den zwei verschiedenene Gläsern (Wein & Co Solution Classic bzw. Mature, entworfen von Architekt Prof. Holzbauer, gefertigt von Spiegelau) brachte ein eindeutiges und leicht nachzuvollziehendes Ergebnis.

Ein weiteres, Mosaiksteinchen in der manchmal so komplexen Weinmaterie.. ;-)

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