Samstag, 23. Jänner 2010

Weinviertler DAC Spielereien

Das Weinviertel - weites Land - trägt mit über 16000ha Anbaufläche mehr als die Hälfte zur Weinbauregion Niederösterreich und fast zu einem Drittel der Gesamtanbaufläche des Weinlandes Österreichs bei.

Bildquellennachweis: www.weinviertel.at

Freilich ist diese Größe nicht ohne Gefahren. Noch immer gibt es Massen von nichtssagenden Zechweinen, die meisten in Litergebinden, einige (noch immer) im Doppler, doch etliche auch mit konstanter, guter Qualität und auch immer mehr Vertreter mit wirklicher Klasse. Zurecht wird das Weinviertel als jenes Weinbaugebiet mit dem besten Preis- / Genußverhältnis im ganzen Land gehandelt. Und Entdeckungen sind garantiert! Auch wenn das Weinviertel in einigen Teilen noch recht beschaulich und vergessen wirkt, so ist es im qualitativen Bestreben doch ziemlich munter.

Noch kurz ein paar Gedanken zum österreichischen DAC-Konzept - eine gut geschriebene Zusammenfassung in 6 Teilen gibt's ua. bei Bernhard Fiedler auf seinem Blog zum Nachlesen und auch in Südtirol stößt das Konzept auf regionales Interesse.
Die Weinviertel DAC war die erste ihrer Art in Österreich, trat 2003 in Kraft, war umstritten und wurde ob des zukünftigen Erfolges teils kontroversiell diskutiert. Trotzdem sahen einige Betriebe es als Chance, mit Hilfe desr herkunftsorientern Systems etwas aus dem Schatten herauszutreten.
Weinviertel DAC-Weine gibt es nur aus der Rebsorte Grüner Veltliner, in einer einzigen qualitativen Kategorie, also ohne eigene Reserve. Vermarktet wird der Weinviertel DAC als "der pfeffrigste Veltliner Österreichs".

Genau da, nämlich im letzten Punkt liegt meiner Meinung nach der Schwachpunkt.
Daß die Weinviertler Vertreter dann aber bewußt auf das berühmte Veltlinerpfefferl als Werbeslogan gesetzt haben, ist als Differenzierungsmerkmal in der leicht bis mittelschweren Veltlinerkategorie durchaus nachvollziehbar, entspricht aber leider nur selten der Realität.
Denn nur einige, wohlgemerkt, vom DAC-Gesetz wegen von einer Kostkommission sensorisch zu beurteilenden Weine entsprechend den vorgegebenen, sortentypischen Attributen fruchtig, würzig, pfeffrig. Wo bleibt da die Herkunftstypizität, welche die DAC suggeriert?

Gerade Weine aus der Rebsorte Grüner Veltliner können sich äußerst vielschichtig und wandlungsfähig präsentieren. Vom einfachen Zechwein, der ua. mit Hilfe von Reinzuchthefen von Zitrus über Apfel, Birne hin zu Stachelbeere das volle Aromenspektrum annehmen kann, bis hin zur reifen Spätlese mit seinen Gelbfrucht- & Tabaknoten ist alles drinnen. Soweit noch kein Problem, denn dieses Phänomen trifft auch andere (DAC)Weinbaugebiete, in denen der Grüne Veltliner als DAC firmieren darf. Auch wenn diese Eigenschaft das Wiedererkennungsprofil für Konsumenten natürlich nicht unterstützt. Anders sieht das aus, wenn spezifische Ausprägungen - wie eben das Pfefferl - als sortentypisches Geschmacksprofil auch per Gesetz verankert wird.

Also liebe Kostkommissionen, nehmt eure Aufgabe ernster, raus mit den nach Eiszuckerl schmeckenden Stachelbeervertreter! Und ich fordere eine Würze- bzw. Pfeffergarantie! Es soll auch drin sein, wofür Werbung gemacht wird!
Oder aber die mögliche Bandbreite der Rebsorte zum Vorteil nutzen! Dann aber bitte weg mit dem Slogan und her mit einer Reserve-Kategorie.

Genug geschimpft. Prüfen wir doch einmal nach, wie sich die fünf Vertreter so schlagen, 3 davon iÜ. mit den Weihen des SALON versehen, einer als Sieger eine Verkostung eines Wochenmagazins. Mitgenommen habe ich die Weine Ende August aus dem Weinquartier in Retz, verkostet wurden sie bereits im Dezember.


Die SALON-Weine:
  • Weingut Josef Ecker, Grüner Veltliner Classic DAC 2008, Weinviertel, blasses Strohgelb, in der Nase hübsche Birnenfrucht, harmonisch, guter Extrakt im Glas, balanciert am Gaumen, durchaus mit mundfüllender Struktur, sauber, aber kurzer Abgang, den Druck ein wenig vermissend, wirkt ein wenig wäßrig, säuremäßig eher auf der mild harmonischen Seite, zeigt andererseits jedoch viel saftigen Trinkcharme, pas male, *(*)/***
  • Weingut Hebenstreit, Grüner Veltliner Strasser DAC 2008, Weinviertel, helles Strohgelb mit zart grünen Reflexen, kompakte Veltlinernase, Apfel, tiefe Würze, mit der Luft kommt die Exotik in Glas, hat Extrakt und zeigt Tiefe, mundfüllend und harmonisch, unmittelbar ansprechend im Trinkfluß, balanciert, blitzsauber und aus einem Guß, eine Entdeckung, völlig zu Recht im SALON vertreten, ein Bravo an den Erzeuger, *(*)-**/***
  • Weingut Pfaffl, Grüner Veltliner Haidviertel DAC 2008, Weinviertel, ein Vertreter von schweren Lössböden, helles Strohgelb, sehr attraktive und frische Aromatik, Banane, Exotik, Würze, mit gutem Willen auch das vielgerühmte Pfefferl, zeigt eine gute Balance, für 12% Vol. gute Struktur, lebendige Säure, fein, läßt am zweiten Tag aber bereits deutlich nach, der Wein wird in seiner Grundtendenz flach, lasche Säure, mittelmäßig, *-*(*)/***
  • Weingut Hofbauer-Schmidt, Grüner Veltliner Ried Hochstrass DAC 2008, Weinviertel, Sieger der 2008er-profil DAC-Verkostung, sehr feine Nase, apfelig, herber Grundcharakter, am Gaumen jedenfalls sehr feingliedrig, die 13% Vol. könnten für ein wenig mehr Mundfülle sorgen, wirkt richtig knochentrocken, der Wein hat einfach eine gewisse Sperrigkeit, bei Gott kein gewinnendes Wesen und ich vermisse die Trinkigkeit, allenfalls für die Sommerterrasse geeignet, aber da steht der für diesen Verwendungszweck doch hohe Alkoholgehalt entgegen, so sehen für mich keine Siegertypen aus, auch wenn ich mir die Tatsache in Erinnerung rufe, daß viele dieser Weine bewußt auf frühen Trinkbarkeit getrimmt werden, (*)-*/***
..und dann bleibt noch ein Exemplar übrig..
  • Weingut Prechtl, Grüner Veltliner Classic DAC 2006, Weinviertel, helles Strohgelb, indifferente Nase, etwas Blumenwiese, floral gemischt mit exotischen Noten im Hintergrund - gelbe Birne? - im Mund fast ausufernd breit, konturlos, erst hernach im Abgang kommt die Säure, naja, ich glaube, man hört die Enttäuschung über den Basiswein des Veltlinerspezialisten Prechtl, (*)-*/***
Licht und Schatten liegen eng zusammen - wohl ein Abbild der wunderbar reizvollen, weiten Landschaft des Weinviertels?!

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