Gastgeber der 15. Weinrallye ist diesmal Go to Rio und der Name ist Programm bei dieser Rallye - es geht nämlich um Urlaubsweine!
Normalerweise gibt's für die Auswahl unserer Urlaubsdestinationen nur eine *einzige* Vorbedingung - es muß eine Weingegend sein. Das war bisher eisernes Gesetz und ergo eine Konstante. Eben bisher. Denn aufgrund der nicht allzu beständigen heurigen Witterung wollten wir diesmal so richtig viel Sonne tanken und ich wieder einmal meinen Artverwandten - den Fischen - im Meer lauschen . Eine (für mich) landschaftlich reizvolle Insel mit Charisma abseits des großen Massentourismus fand sich auch bald - Kárpathos.
Nun gibt es auf der dodekanischen Insel Kárpathos nur sehr wenig Wein, liegen doch die großen Weinbauinseln Kreta und Rhodos in unmittelbarer Nähe und von diesen beiden stammem i.d.R. auch die Hausweine der Tavernen. Berauschende Qualitäten darf (von diesen Weinen) nicht erwartet werden, die Weißen sind meistens zu warm, ohne Frucht, eher breit und lasch, die Roten allesamt oxidativ, bestenfalls süffig, manchmal aber auch bitter und herb - kein Wunder bei Weinen, welche aus dem 5l Plastikkanister aus dem auf der Insel omnipräsenten Cola bzw. Pepsi-Kühlschrank ausgeschenkt wird. Naja.
Am ehesten wird man bzgl. Weinanbau auf Kárpathos im höchstgelegensten Ort der Insel - in Othos - fündig und das in Mengen, welche meistens nur für den eigenen Hausgebrauch reichen. Trotzdem wird dieser als Rosé- bzw. Rotwein in einigen Mini-Markets zum Kauf angeboten. In Pigadia habe ich mir dann eine Flasche mit um wohlfeile € 4,70 mitgenommen. Die Erwartungen waren auch aufgrund der leichtgewichtigen 11.5% Vol. - welche mich zuerst zögern ließen, kamen mir doch gleich "Himbeerwasserln" á la Vernatsch/Trollinger in den Sinn - nicht allzu hoch gesteckt.
Kárpathos Dry Red, ohne Jahrgangsangabe, die Farbe Rubin mit Übergang zum Granatrot, die Nase zart mit Kräutern unterlegt, Duft nach (welken) Rosen, gebrühte schwarze Teeblätter, wirkt sehr oxidativ, am Gaumen dann überraschend balanciert, weiches Tannin, ein g'schmackiger Zechwein ohne Anspruch, aber viel besser als die 2 Flaschenweine aus Kreta, welche wir vorher erstanden hatten, *(*)/***.
Meine lokale Recherche nach der auf der Insel vorherrschenden Rebsorte(n) blieb ohne Erfolg, die befragten Einheimischen zuckten nur mit den Schultern! Lapidarer Kommentar eines Karpathioten(?!): roten bzw. weissen Wein zu bestellen sei völlig ausreichend!
Erwähnenswert ist noch mein Kampf mit einem Allzweckwerkzeug samt Korkenzieher, welches ich, nachdem ich meinen Pulltap zu Hause vergessen habe, mit dem Wein im Supermarkt um einen(!) €uro erstanden habe - das Szenario war also fast vorprogrammiert. Nach 15-minütigem Kampf mit dem Gerät und dem Korken hab' ich's dann doch noch geschafft (wie heißt es so schön in einem Werbespot: was wären die großen Dinge des Lebens ohne die Kleinen?) und konnte mir einen abendlichen Schluck genehmigen :-)
An einem der schönsten Strände der Ostküste - Achata Beach - wurde im Reiseführer erwähnt, daß der Wirt der Taverne besonders stolz auf seinen guten Retsina ist. Da meine letzte Erfahrung mit geharztem Wein über 20 Jahre zurücklag - und ich überdies Retsina als etwas aufdringlich und penetrant im Geschmack in Erinnerung hatte - war's an der Zeit, diese Nuancen einem erneuten Test zu unterziehen.
Retsina wird entweder sortenrein aus der einheimischen Rebe Savatiano gewonnen, oder mit Assyrtiko bzw. Rhoditis zwecks Säureerhöhung verschnitten. Ursprünglich diente das beigemengte Kiefernharz der längeren Haltbarkeit des Weines - auch antiseptische Wirkung wird diesem ja nachgesagt - heutzutage erfolgt die Beimischung nur mehr des typischen Geschmacks wegen.
Und siehe da, ich wurde mit einem überaus feinen und überraschend frischen Wein belohnt, mit Abstand der beste Wein des Urlaubs. Fortan habe ich in jeder Taverne nur noch Retsina bestellt, ua. auch den verbreiteten Retsina Malamatina - keiner hatte dabei jedoch die Feinheit der "Achata-Spielart".
Zur Verfikation habe mir ich ein 0,5l-Flascherl mitgenommen und siehe da, auch in einem vernünftigen Weinglas verliert dieser Wein nichts von seinem Charme!
Greek Cellars Kourtakis, Retsina Onomasia Kata Paradosh (= Traditionelle Bezeichnung Retsina), Epitrapezios Oinos (= Qualitätsstufe Tafelwein), klares Strohgelb, sehr fein nuancierte Nase, balsamische Noten, das Harz nur ganz zart angedeutet, am Gaumen frisch und leicht, etwas wässrig, aber sehr balanciert, mit Kieferharzaromen fein ausklingend, ein gschmackiger Sortenvertreter, geschmacklich und mengenmäßig (für zu zweit) absolut perfekt zur Jause in der griechischen Nachmittagshitze - ach, wie fehlt mir die! **/***
Wer sich mehr über griechische Weine informieren möchte, findet einen guten Einstieg bei der Wikipedia-Übersicht Weinbau in Griechenland.
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