Samstag, 21. November 2009

Martini-Gans + Wein 2009

Tolle Stoffgänse - auch käuflich bei Simone Schermann zu erwerben!

Heuer hatte ich zur Martini-Gans eine satte Auswahl an passenden Weinen. Mehrmals habe ich meine Liste mit dem 3er Vorschlag umgeschmissen. Zur Disposition standen ua.
  • Stefan Langs Blaufränkisch Reserve 1997 aus dem Mittelburgenland,
  • ein Nebbiolo Corte della Meridiana 1999 von Conte Sertoli Salis aus dem Veltlin,
  • San Giusto a Rentennanos Percarlo 1999, Toskana,
  • Château La Croix de Gay 1999, Pomerol, Bordeaux
  • der Le Cèdre 1999 von Chateau du Cèdre, aus dem Cahors und
  • vom Neusiedlersee ein Pinot Noir 2001 vom Altmeister John Nittnaus.
Dazu kam, daß ich am Vortag auf einer Weinmesse war und dabei einige rote Jungweine entdeckte, die ich mir durch ihre Frucht, Zugänglichkeit und weichen Gerbstoffen ebenfalls als eine viable Option für die Gans vorstellen konnte. Das machte mir die Entscheidung bzgl. der Weinauswahl nicht leichter.
Letztlich faßte ich den Beschluß, die 3 Weine mit den *unterschiedlichsten* Charakteren und mindestens 10 Jahren am Etikett zum Essen auszuwählen - und ich habe es nicht bereut.

Alle Weine wurden 2 Stunden im vorhinein dekantiert, in einer bauchigen Schiffskaraffe gut durchlüftet und die gereinigte Flasche zurückgefüllt. Der Percarlo hingegen wurde bereits am Vortag geöffnet, zu neugierig war ich auf seine Form und wollte einfach ein Glas davon verkosten.
Die Gäste konnten im Vorfeld die 3 Weine probieren, den größten Zuspruch bekam dabei der Percarlo, obwohl dieser meiner Meinung nach noch im Tiefschlaf weilte. Aber Geschmäcker sind verschieden und das ist gut so, ermöglicht es doch ein friedvolle Koexistenz mehrerer Weinuniversen :-)

Meine persönliche Präferenz liegt noch immer auf Weinen mit nerviger, dh. deutlich wahrnehmbarer Säurestruktur und merkbaren Gerbstoffen. Ich lege aber Wert darauf, daß das Rückgrat des Weines von der Säure und nicht vom Tannin dominiert ist. Die Säure fungiert als perfekter Fettspalter und hat einen äußerst positiven Einfluß beim Verdauen des doch nicht leichten Fleisches. Zudem offerieren gerbstofflastige Weine oftmals einen sehr fruchtsüßen Gaumen, den ich in Kombination mit der in Summe mollig runden Zubereitungsart der Gans als nicht so harmonisch empfinden: Serviettenknödel, in Rotwein gedünstetes Blaukraut mit Maroni und das Ganserlfleich, alles mit einem zart süßlicher Geschmack im Grundton behaftet. Das verlangt ja förmlich nach einem Gegenpart in Form von Säure!



  • Conte Sertoli Salis, Corte della Meridiana, Valtellina Superiore 1999, lohfarben, herrlich orange Ränder, gereift, Dörrobst in der Nase, durchmischt mit Balsamik im Hintergrund, Leder, tiefe Würze, ein warme Grundstilistik mit süßem Fruchtkern, korrespondierend am Gaumen, Süße, Säure und die Gerbstoffe in guter Balance, anfangs nicht allzu lang und (solo genossen) etwas austrocknend im Nachgeschmack, geht dann prachtvoll am Gaumen auf, zeigt Struktur, bleibt jedoch immer mit Finesse behaftet und burgundischer Affinität, ein feiner Fettlöser für die Gans par Excellence, **-**(*)/*** (Nachlese Veltlin in wein.pur)
  • Rotweingut Stefan Lang, Blaufränkisch Reserve 1997, Mittelburgenland, enorme Farbtiefe, noch immer violetter Farbstich am Rand, annähernd schwarzer Kern, viel Extrakt im Glas, weiche Brombeernoten, in der Nase ätherisch leicht und weit offen, Schokotouch, Rumzwetschke, süßlicher und stoffiger Fruchtgaumen, etwas Alkohol merkbar, dann mit merklich Gerbstoff behaftet, das Glycerin trägt einem in den harmonischen Abgang, teerige Balsamik im langen Nachgeschmack, welke Schwarzteeblätter und Säure, steht vital im Glas, daher für mich *die* Überraschung des Abends, welche noch dazu ein harmonisches Geschmacksbild mit der Gans einging, **-**(*)/***
  • San Giusto a Rentennano, Percarlo 1999, Toskana, beginnendes Granatrot mit schwarzem Kern, in Summe sicherlich die intensivste Aromatik aller 3 Weine, anfangs jedoch sehr zurückhaltende Nase, leicht süßlich, unendlich tiefe balsamische Noten, teerig, ätherische Obertöne schwingen mit, Minze, Eukalyptus, feines Fruchtspiel im Mund, kurz, dann abrupt massives und sperriges Tannin, wirkt hart im Abgang, ungehobelt, etwas austrocknend. Tag 3 offenbart dann weiter Facetten, de Wein gewinnt im großen (Burgunder!-)Glas, die Nase ruhig und getragen, ätherisch schwebendes Orangenöl, im Wechselspiel mit Teer, am Gaumen ein echter Kraftprotz, der seine 14.5% Vol. nicht verleugnen kann, für diese Stärke jedoch überaus harmonisch, und nicht ohne Finesse, die Gerbstoffe nun balancierter mitintegriert, feine Säures begleitet den langen Abgang nach Orangenzesten, viel Spiel im Mund und eigentlich 5 Jahre zu früh geöffnet - hat Potential für die nächsten 10 Jahre!
    Das ist der Stoff für Geduldige, für jene, die sich jeden Tag glasweise hedonistisch und suchend der Metamorphose hingeben, welche dieser Wein zu bieten hat, die pure Maskulinität, von allem im Überfluß, sogar von schwebend leichten Elfentönen. Dieser Wein ist eine wahre Freude und Genugtuung nach dem enttäuschenden '98-Vertreter, **(*)/***
Zum Abschluß gab's dann noch als "Gaumenrevitalisierer" ein Glas von Günter Triebaumers Moscato 2008, Neusiedlersee-Hügelland, helles Strohgelb, fein intensive Muskatnase, feine Perlage, obwohl deutlich auf der süßen Seite (des Lebens) eine gelungene Marriage aus Restzucker und Säure, blitzsauber vinifiziert, homogene Gaumenstilistik mit wunderbar feingliedrigem Nachgeschmack, wer braucht da noch Asti Spumante? *(*)/***

Die positive Überraschung des Abends war für mich sicherlich der 10-jährige Blaufränkisch. Hatte keine überzogenen Erwartungen an diese Flasche aus dem tollen 97er-Jahr gehabt, zeigte doch der 97er Blaufränkisch Exklusiv voriges Jahr bereits deutlich malzige Aromen. Mit dem Reserve wurde ich jedoch eines besseren belehrt, die Flasche wahrscheinlich in der Form ihres Lebens! Aber wie heißt es so schön: man muß ja auch einmal Glück haben :-)

Für das nächstes Jahr habe ich schon ein paar Ideen. Aber wer weiß schon, was ich bis dahin in den Untiefen meines Kellers finde?

Ganserl-Nachlese:
Gans 2006 | (Martini)Gans 2007 | (Weihnachts)Gans 2007 | Martinigans 2008

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