Samstag, 10. April 2010

König Altwein

Familie Kirchmayr, beheimatet im niederösterreichischen Weistrach im Mostviertel(!), macht tolle Weine. Und das ganz ohne eigene Weingärten. Denn die Trauben werden von Vertragswinzern aus der Wachau, dem Kamptal und Burgenland gehegt und gepflegt, um dann nach den Vorstellungen des Familienbetriebs im Meierhofkeller des Stifts Seitenstetten vinifiziert und ausgebaut zu werden. Ein klassischer Négociant Éleveur also.
Das faszinierende am Weingut Kirchmayr ist jedoch ihr tolles Angebot an gereiften Weinen, welche unter dem Namen "Solist" vertrieben werden. "Solist" als Synonym gereifter Weißweine von ausdrucksstarken Jahrgängen und bester Lagen der jeweiligen Anbaugebiete.

Der 92er Riesling aus der bekannten Wachauer Ried Loibenberg hat mein Weinherz am 2007er Weinherbst im Sturm erobert und wartete auf einen adäquaten Einsatz.

Zu den diversen Fragen der geeignet Paarung von Wein und Essen ist für mich "der Paukner" das Standardwerk und zufällig las ich darin über die perfekte Symbiose von gereiften Riesling und Blutwurst - ich zitiere: "Alter Riesling .. hält die Pole-Position bei Blutwurstkreationen .. und verjüngen sich auf wundersame Weise". Die Zeit war reif für eine Flasche Solist!
Nun gehört die Blutwurst zu jenen Dingen, die entweder geliebt oder gehaßt wird - das kann jeder halten wie er will. Ganz klassisch mit viel Zwiebel und Röstkartoffeln, sowie (für mich präferiert) mit einem gegenüber Sauerkraut milderen Krautsalat ist dies ein seltener Festschmaus.


Weingut Kirchmayer, Solist Riesling Loibenberg 1992, Wachau, kräftiges Goldgelb, feine, sehr ruhige und getragene Nase, getrocknete Früchte, zeitweise glockenklare Marille, über allem ein leichter Alterstouch in Form einer harmonischen Petrolnote, die aber den Wein nur vielschichtige Noten geben, auf der Zunge hinterläßt der ölige Wein ein geschmeidiges Mundgefühl, sehr getragen, Balance pur, dabei erstaunlich vitale, harmonische Säurestruktur, extraktreicher Abgang, nussiger Nachgeschmack, wiederum die Trockenfrüchte, leichtes Petrol, sehr, sehr angenehm! **-**(*)/***

In Verbindung mit der Blutwurst ergibt sich eine harmonische Symbiose, in der der Altwein tatsächlich eine wunderbare Verjüngung erfährt. Auf der Zunge wirkt der Wein plötzlich vitaler, die Säure lebt auf, die unterstützende Petrolnote verschwindet komplett im Hintergrund, ein prachtvoller Essensbegleiter, der die süßlichen Zwiebel, die Petersilie und den schwarzen Pfeffer zu einem Ganzen vereint. Ein tolles Geschmackserlebnis, dessen Genuß allerdings nur jenen vergönnt ist, die sich manchmal hinter die limitierende Grenze Jungwein und "ooch Petrolton" vorwagen!

2 Kommentare:

Iris hat gesagt…

macht Appetit auf beides:-).

Hab Dich bei der Weinrallye vermisst - keinen Pinot im Keller - oder immer noch Hexenschuss:-)?

Ich hab Dich auf Thomas Bitte hin schon mal als Gastgeber für die Weinrallye # 33 angekündigt. Ich bin gespannt auf's nächste Thema.

vinissimus hat gesagt…

Liebe Iris,

also eigentlich hatte ich gehofft, daß deine Rallye erst eine Woche später über die Bühne geht, denn meine liebe Renate und ich haben Dank des Vulkans in Island die letzten Tage mit Zugfahren verbracht - und der Pinot Noir, welchen wir in Stockholöm serviert bekommen haben, der ist keine einzige Silbe - nein Buchstaben! - wert.

So liegt es also nur an der Aufregung und des Zeitmangels in den letzten Tagen, daß ich keinen Beitrag verfasst habe, denn Wein aus der Burgundertraube liegt zur Genüge im Keller :)