Montag, 5. April 2010

Blaufränkisch Klassik 2007 (3)

Im dritten und letzten Teil (Nachlese Teil 1 & 2) habe ich ein paar Exemplare aus der zweiten wichtigen Region für Blaufränkisch, dem Mittelburgenland ausgewählt.
Diese Region - die sich selbst auch das Blaufränkischland nennt - umfaßt ua. einige der renommiertesten Weinbauorte Österreichs:
Neckenmarkt
, die höchstprämierte Rotweingemeinde Österreichs bei Landes- und Bundesbewertungen, Horitschon und Deutschkreutz, welche immer auch ein wenig untereinander ein Konkurrenzdasein führen.
Rieden (Lagen) wie Hochäcker, Gfanger, Dürrau, sind vielen Weinfreunden ebenso eine Synonym für Blaufränkisch wie die dort ansässigen Winzer:
Stefan Lang, Wellanschitz, Tesch, Bayer, Wieder, Hufnagel, Hundsdorfer, Weninger, Iby, Lehrner, Kerschbaum, Reumann, Prickler, Bauer-Pöltl, Strehn, Gager, Heinrich, 2 x Igler, Gesellmann, Kirnbauer - um nur einige zu nennen.

Blick auf Horitschon, Bildquellennachweis: Burgenland-Mitte

Während die Lagen in Neckenmarkt am Fuße der Ausläufer des Ödenburger Gebirges eher schottrig sind, zeigen sich die klassischen Blaufränkisch-Lagen eher von tiefem Lehm und Braunerde, teilweise ein wenig Kalk geprägt.

Stellvertretend für den klassischen Blaufränkisch aus dem Mittelburgenland habe ich 3 Weine aus Deutschkreutzer Weinbaubetrieben ausgewählt. Trotz der Tatsache, daß diese Weine allesamt aus dem selben Ort stammen, war die Unterschiedlichkeit in der Stilistik der Weine für mich wirklich verblüffend zu erleben und zu erschmecken!

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Wir starten im Weingut Gesellmann, wo die beiden Weine Opus Eximium (seit 1988 erzeugt) und Bela Rex (seit 1992) sind den meisten Weinliebhabern Österreichs und auch jenseits der österreichischen Grenze ein Begriff sind. Auch der Pinot Noir Siglos und der Top-Blaufränkisch Hochberc sind in den letzten Jahren fast immer in ihrem Sortensegment am Stockerl gewesen. Mal sehen, was der klassische Blaufränkisch zu bieten hat.

Engelbert Gesellmann, Blaufränkisch Hochäcker 2007, Deutschkreuz, Mittelburgenland, helles Purpur, attraktive, fruchtbetonte Nase, wirkt in sich sehr ruhig und stimmig, Ringlotten, über allem schwebt ein Hauch Vanille, auch eine zart würzige Komponente ist auszumachen, zeigt im Mund anfangs eine gewisse Molligkeit, dabei aber immer auf der frischen und säurebetonten Seite, blitzsauber, ein wenig Gerbstoff und die herbe Grundnote im Abgang sorgen für ein seriöses Trinkvergnügen, prototypisch für den anspruchsvollen Sommerterrassen-Rotwein, fein fein, *(*)-**/***

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Das Familienweingut Johann Heinrich, ein 40ha großer Betrieb, ist zu 70% mit der Leitsorte der Region, dem Blaufränkisch bestockt ist. Der Goldberg ist eine Lage mit schweren Lehmböden, etwas mit Kalk durchsetzt und ist mit über 50 Jahren alten Reben bestockt und hat schon mehrmals bei Verkostungen reüssiert, auch mit der Reserve vom Goldberg.

Familie Heinrich, Blaufränkisch Goldberg 2007, Deutschkreutz, Mittelburgenland, satte Farbe, viel dunkler als alles, was da bisher zu diesem Thema bei mir im Glas war, betörende, intensive Fruchtbombe nach (Mon Cherie)Kirsche, Würze, zeigt eine ähnliche Stilistik wie die Teschweine vom Hochberg, ein sehr saftiges Mundgefühl, ist von Anfang an zugänglich, zugleich hedonistischer und unkomplizierter, unmittelbar ansprechender Trinkgenuß, frei nach dem Motto von Bernhard Fiedlers Beitrag "Life can be complicated, wine doesn´t have to be." Ein Wein, der, so glaube ich, die meisten anspricht, auch wenn es nicht meine präferierte Stilistik ist, *(*)-**/***

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Weingut Reumann, das habe ich noch im Ohr, ist das Lieblingsweingut eines ehemaligen österreichischen Sozialministers. Ich gestehe aber freimütig, daß dies mein erster Wein dieses Weinguts ist und dies nur deshalb, weil ich die Flasche vom Cousin meiner lieben Renate bekommen habe - Danke Markus!

Weingut Reumann, DAC Blaufränkisch Classic Ried Tschicken 2007, Deutschkreutz, Mittelburgenland, schönes, dunkles Rubinrot, weit offene, attraktive Nase, viel Frucht, anfangs Heidelbeere, dann Kirsche, ein wenig Marzipan, feiner Schokotouch, zeigt auch viel Würze, ein Nasenwein! Am Gaumen trotz des kräftigen Extrakts eher schlank bis mittelgewichtig, sehr kräftige Säurestruktur, die Tannine wirken ein wenig sperrig, in Summe aber alles noch balanciert und ein archetypischer Sortenvertreter, mit €7 hat dieser Wein zudem ein hervorragendes Preis-Genußverhältnis vorzuweisen, *(*)/***

Dieses Exemplar hat von allen in der Serie Blaufränkisch 2007 verkosteten Wein die mit Abstand attraktivste und vielschichtigste Nase - alleine dafür gebührt Applaus - die aber für meine Begriffe mit dem anschließenden, etwas sperrigen Mundgefühl einen Bruch erfährt. Für Liebhaber des fruchtbetonten Stils ist dieser Wein ein Best Buy!
Ich hätte mir für diese einladende Weite der Nase eine saftigere Stilistik am Gaumen oder umgekehrt für diesen "harten" Körper eine eher würzeorientierte Nase gewünscht. Aber das ist nur meine beschränkte und höchst subjektive Sicht der Weinwelt, weil ich bei Weinen einfach eine gewisse Durchgängigkeit schätze.


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Eine Verkostungsnotiz von Martina & Franz Weningers Blaufränkisch Horitschon 2007 kann hier nachgelesen werden.

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Die Betrachtung der sicherlich zahlreich vorhandenen guten Blaufränker von rund um den Neusiedlersee beheimateten Weingüter bleibt hier außen vor. Auch wenn die Rebsorte Blaufränkisch eine wesentliche Stütze im Weinsortiment dieser Betriebe bildet, so ist es doch in erster Linie das Süd- & Mittelburgenland, das sich den Blaufränkisch als Leitsorte auserkoren hat und damit die Werbetrommel rührt.
Zum Vergleich wollte ich aber doch ein Flasche aus dem Burgenland öffnen und so gibt's noch - quasi zum Drüberstreuen - einen Vertreter vom falstaff-Weingut des Jahres 2009, dem Weingut Familie Prieler aus Schützen am Gebirge im Burgenland, keine 50 km Luftlinie von Deutschkreutz entfernt.

Weingut Prieler, Blaufränkisch Johanneshöhe 2007, Burgenland, mitteldichtes Rubinrot, zeigt weichen Fruchtcharme, Herzkirschen, Flieder, zart unterlegt mit weißem Pfeffer, guter, voller Gaumen, wirkt harmonisch, warmer, erwärmender Abgang mit guter Balance zwischen Säure und Gerbstoffen, solider, aber unspektakulärer, weil "schwer" wirkender Wein - naja.. .
Nach drei Tagen des Vergessens präsentiert sich ein ganz anderer Wein im Glas: viel präziser, viel fruchtbetonter, Weichsel-Vanille, etwas Brombeer, Marzipannoten, wirkt sauber, hat seinen anfangs vorhandenen rustikalen Touch vollends abgelegt, leicht gekühlt ein sortentypisches Musterexemplar und prädestiniert für die Frühlings- & Sommerterrasse! *(*)/***

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Als Konklusio der in Summe 8 Weinflaschen kann ich positiv vermerken, daß es aufgrund der variierenden Stilistik durchaus für jeden Weingaumen ein entsprechend passendes Exemplar geben sollte. Zumeist prägt die Interpretation des Winzers die Stilistik der Rebsorte, naturgemäß im Kontext der Einflüsse der über die Jahre unterschiedlichen Witterungsbedingungen:
  • mit feiner Finesse, grazil & burgundisch --> Weninger (und auch ein wenig der Krutzler)
  • von Würzigkeit geprägt --> Uwe Schiefer
  • fruchtbetont mit einer guten Portion Gerbstoffen --> Reumann, Gesellmann
  • rund & hedonistisch --> Heinrich
  • terroirbezogen und von allem ein wenig --> Wachter-Wiesler
Sortentypischer jedenfalls erscheint mir die neue, eher burgundische Interpretation dieser Rebsorte, da die Grazilität und nervige Säure den fruchtbetonten, sortentypischen Komponenten wie Veilchen, Kirsche und Marzipan-Noten ein homogenerenes Umfeld zur Entfaltung bietet. Soferne der Gaumen saftig und von Würzigkeit geprägt ist, stehen der Rebsorte aber auch eine kräftige Stilistik mit viel Gerbstoff gut zu Gesicht. Das aber ist meistens die Domäne der Reserveweine!
Wandelbarer Blaufränkisch :-)

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