Keine Flasche wird jemals wieder so gut wie in der Fruchtphase!
Da will ich doch gleich mal die Qualitäten meiner subskribierten 2006er-Weine austesten, von denen einige bereits seit Oktober(!) des Vorjahres in meinem Keller schlummern - der am frühsten ausgelieferte Jahrgang, an den ich mich erinnern kann.
Ohnehin kein leichtes Spiel für die Weine nach dem Jahrhunderjahrgang 2005. Wetterkapriolen, eine überteuerte Subskriptionskampagne im Jahr Eins nach 2005 und totz allgemeiner Einschätzung eines mittelmäßigen Jahrgangs recht hohe Parker-Punkte.
Aber gerade in schwierigen Jahrgängen trennt sich die Spreu vom Weizen, beweist sich die Klasse der Winzer und wirklich schlechten Wein gibt es dank der Fortschritte der Önologie auch in kleinen Jahrgängen nicht mehr, oder?
Seit dem 2004-Jahrgang habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, nach Erhalt der Lieferung - und einer angemessenenen Ruhephase nach dem Transport - sofort eine Flasche je Château dem unmittelbaren Genuß zuzuführen - und meistens auch ohne Reue! Also, ab an die Flaschen.. .
Vignobles Dourthe, Château Belgrave 2006, Cinquième Grand Cru Classé, Haut-Medoc
Dunkler Kern mit violettem Rand, kühle Aromatik, wundervolle Röstnoten, Edelhölzer, dahinter rote Fruchtnoten, balsamische Noten, Teer, balanciert und mittelgewichtig am Gaumen, sehr konzentriert, trinkfreudig durch eine präsentes Säurerückrat und einer reifen Tanninstruktur, feiner, harmonischer Abgang, die 18 Punkte von Gabriel sind nicht überzogen, hat doch das Weingut seit Jahren ein sehr beständige Qualität anzubieten, bravo, durch & durch eine Empfehlung mit sehr gutem Preis- / Genußverhältnis **(*)/***
Château La Serre 2006, St. Emilion Grand Cru
Mitteldichtes Purpur, verhaltene Nase, am ehesten noch Richtung roten Beeren, mittelgewichtig am Gaumen, aber mit feinen Gerbstoffen, balanciert, hat durchaus Charme, ein "gastronomischer" Stil, zartherbes Bitterl, mittellang im Abgang, wird schon bald mit Genuß gut zu genießen sein, am zweiten Tag dann eine hochfeine Nase, rootbeerige Frucht, dahinter welke Teeblätter, Rosenblüten, am Gaumen sehr feinziseliert, Noblesse zeigend, seidig, aber eher kurz und das Tannin präsent, unkompliziertes Trinkvergnügen vom rechten Ufer, *(*)/***Purpur mit tiefschwarzem Kern, offeriert eine vielschichtige Nase, komplexer Aromamix aus roten Beeren, Würze, weißem Pfeffer, Milchschokolade, ein wenig Minze, am Gaumen mittelgewichtig, zeigt wenig Fruchtsüsse, dafür eine kräftige, reife Gerbstoffstruktur, anfangs sehr herb, ja richtiggehend bitter, aber im Finish und Nachgeschmack ganz harmonisch, macht eigentlich vieles richtig und trotzdem hab' ich nach einem Glas genug, hat sicherlich gutes Lagerpotential, derzeit nur *(*)/***
Château Charmail 2006, Haut-Médoc
Charmail, für mich seit 1997 annähernd jedes Jahr immer ein reeller Weinwert - auch preislich - entäuschte nie und ist daher einer jener Weine, die ich auch blind kaufe.Helles Purpur, sehr verhaltene Nase, ein wenig rotbeerige Frucht, leicht würzige Note, stimmig, am Gaumen eher schlank, dann genau wie Moulin Haut Laroque spröde Gerbstoffe, die hart und bitter im Abgang wirken, dazu gesellt sich ein unharmonischer Bitterton!
Wurde hier vielleicht der Concentrateur über Gebühr strapaziert? Für eine Cuvée mit dominierendem Merlotanteil nicht wirklich statthaft, die Gesamtharmonie des Weins leidet unter dieser Stilistik, im derzeitigen Zustand würde ich diesen Wein so nicht weiterempfehlen, schade, oW.
Die Verkostungsnotiz des WeinWissers bei Pinard de Picard kann ich nicht nachvollziehen!
Château Phélan Ségur2006, St. Estèphe
Nach den bisherigen Up- & Downs der 06er-Flaschen erwarte ich von diesem Wein eine solide Leistung. Die vorherigen Jahrgänge jedenfalls waren ein Garant für eine erstklassige - vor allem subtile! - Qualität. Genau deshalb ist der Phélan-Ségur einer meiner Lieblingsweine.. .Rubingranat, zarter Wasserrand, eine verführerische Nase mit feinen Röstnoten, Kaffelikör, mitelgewichtig mit einer schönen Dichte am Gaumen, feine Gerbstoffstruktur, alles im Lot, und sauber, ohne Ecken und Kanten vinifiiert, ein solider Wein, zwar noch ohne Charme, dafür aber kein grünes Konzentrat an Bitterstoffen.
Tag 2 offenbart eine herbe Kräuterwürze im Glas, fleischig feste Stilistik im Mund, volle Struktur mit einigem an Fruchtcharme, wirkt reif, die Tannine nocht etwas ruppig, zeigt aber ebenso ein (geschmacklich vertretbares) zart-herbes Bitterl im Abgang, kann qualitativ (im Kontext des Jahrgangs) gut an seine Vorgänger anschließen, hat Potential und ist daher für mich wiederum eine 06er-Empfehlung wert! **/***
Also Licht und Schatten eng zusammen - und wie immer alles nur eine Momentaufnahme!
Bildquellennachweis: c & d
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