Mittwoch, 15. Oktober 2008

Weinrallye #16 - Weingenuss im Restaurant

Gastgeber ist diesmal Theo von Notizen für Geniesser. Er möchte von uns (Bloggern) wissen, welche Weine auf den Tisch kommen, wenn wir ins Restaurant gehen.

Hmm, das ist ein gar nicht so triviales Thema, da muß ich schon ein wenig meine Hirnzellen bemühen - ein gutes Glas Rotwein - Kostnotiz ist am Ende des Beitrags zu finden - hilft wie immer dabei, diese auf Trab zu bringen!

{ ... }

Also lieber Theo - weil du ja Mathematiker bist - will ich es mal so formulieren:

Weinbestellung im Restaurant = f( Stimmung,
[ggT aller] getätigte[n] Essensbestellung[en],
Σ Weinverständnis der mich begleitenden Personen,
Weinkartenindex des Restaurants (#),
Hedonismußbedürfnisfaktor (*),
aktuelle persönliche Befindlichkeitskonstante ($),
[des nach oben hin immer offenen] Trockenheitsfaktor[s] meiner Gurgel ,
Weinpreispolitik des Lokals,
Charmeoffensive der Sommeliere );

(#) inkludiert neben den Positionen auf der Weinkarte auch Dinge wie zB. Glaskultur, Fachkundigkeit des Personals, offene Weinauswahl, etc.
(*) Hedonismußbedürfnisfaktor = (von meiner lieben Renate genehmigtes Weinbudget ;-) / (erlebter Weingenußfaktor der letzten Woche)
($) immer sehr hoch ;-)

Naja, s'ist zum Glück in den seltensten Fällen so kompliziert, meistens reicht die einfache Bauchentscheidung für einen Konsens und zu vielen Gerichten der klassischen österreichischen Küche - wie zB. Rindfleischgerichte, div. Gröstl, Schweins- & Surbraten - passt ohnehin ein frisch gezapftes Seidl Bier viel besser!

Apropos Weinpreispolitik in Restaurants:
Nun habe ich ja vollstes Verständnis für die wahren Kosten der qualitätsorientierten Küche - und das muß nicht immer nur die Hauben- & Sterneküche sein! Frische qualitativ hochstehende Zutaten und gestandenes Kochhandwerk können per se *nicht* günstig - aber Preis wert - sein. Zudem war und bin ich immer ein Befürworter der Offenlegung von wahren Kostenstrukturen. Quersubventionierung ist mir ebenso unverständlich wie (sozial undiffernzierte) Zuschüsse nach dem Gießkannenprinzip. In der (Spitzen)Gastronomie ist ersteres leider weit verbreitet - horrende Weinpreise stützen oftmals tolles Essen zu (wahrscheinlich) zu moderaten Preisen!
Das mag die Fraktion der "Weinverweiger" unter den Gourmets freuen - gibt's die überhaupt? - nicht aber mich, der Wein als unverzichtbaren Bestandteil eines gelungen Abendessens sieht. Ich bin nicht bereit, für einen Flasche, welcher Ab-Hof zu €8 zu erstehen ist, einen Aufschlag von 300% zu entrichten. Da greif ich lieber zu einem bereits im Einkauf teureren bzw. oftmals gar nicht mehr erhältlichen Wein und lebe mit einem "nur" 100%igen Aufschlag. Freilich, in absoluten Zahlen ist dies immer noch wesentlich teurer als im ersten Beispiel. Da teile ich dann dafür die Flasche lieber auf 4 anstatt auf 2 Personen auf und so wird's dann wieder ertäglich. Außerdem ist bei einem hervorragendem Exemplar "der Schmerz beim Zahlen wesentlicher kürzer als der Genuss beim Trinken" [(c) Harry Müller 2005].

Freilich gibt's auch positive Beispiele, wie zB. das Gasthaus - welch sympathischer Begriff - Schrot in Alkoven. In Erinnerung sind mir neben der gut bedachten Weinauswahl faire Weinpreise von zB. Blaufränkisch Moric aus Neckenmarkt bzw. Muhr van der Niepoort (ja genau! Die Frau von Dirk) aus Prellenkirchen.

Dabei ist eine weinfreundliche Kalkulation gar nicht schwer zu realisieren. Entweder über den Abhof-Preis mit fixem Aufschlag (welcher in weinnahene Regionen schon manchmal zu finden ist) bzw. über den erträglichen Kalkulationsaktor 2.
Im übrgen: Nur Mut bei neuen, jungen Namen auf der Weinkarte - immer die gleichen Weingüter lesen zu müssen langweilt unendlich - auch den Gaumen!

Als Rallyewein habe ich ein Exemplar ausgewählt, das mir mit dem 2003er Jahrgang besonders Spaß gemacht hat - in der Verdi-Einkehr ebenso wie in der Bergdiele - und leider viel zu schnell auf den Nachfolgerjahrgang umgestellt worden ist, welcher sich jung getrunken etwas sperrig präsentierte. Ein Jahr später ist es Zeit zu überprüfen, in wieweit sich der Wein entwickelt hat.

Weingut Pöckl, Rosso e Nero 2004, Neusiedlersee, purpur, wirkt noch sehr jugendlich, rotbeerige Frucht wird von Würzekomponenten dominiert, Weichsel, Vanille, am Gaumen aber schon sehr zivilisiert, mittelgewichtig, feine Gerbstoffstruktur, insgesamt sehr balanciert, feuriger Abgang, kann in den nächsten Jahren sicherlich noch ein wenig zulegen, ordentlich gemacht, *(*)/***

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