Dienstag, 27. April 2010

Aufruf zur Weinrallye #33 - Weine aus Aromasorten

So übernehme ich das Staffelholz von Iris vom Weingut Lisson und danke ihr für die perfekt durchgeführte Rallye #32 mit vielen interessanten Beiträgen.
Gerade weil die letzte Rallye aufgrund eines breitenwirksamen Themas wieder kräftig Fahrt aufgenommen hat möchte ich in diesem Sinne die Weinrallye weiterführen und setze eine hoffentlich ebenso auf Zustimmung stoßende neue Zielflagge:

Aromatische Weine - Weine aus Aromasorten

Nach dem sich heuer doch ziemlich in die Länge ziehenden, strengen Winter gibt es derzeit die ersten wirklich warmen Tage, die genußvoll im Freien verbracht werden können. Wenn der Frühling im vollen Leben steht, alles zu sprießen und blühen beginnt, ja dann wollen auch auch die menschlichen Sinne zu neuen Höchstleistungen angespornt werden.
Da wollen wir uns nicht mit faden und belanglosen Einheitsweinen zufrieden geben, dann müssen (frische) Weine von duftintensiven Rebsorten ins Glas. Zumal für mich das Riechen, das Beschnuppern des Weines zu den schönsten Vorfreuden nach dem Öffnen der Flasche zählt.
Also liebe Nasentrinker - outet euch und eure Beziehung zu den Aromasorten!

Was fällt nun alles unter die Aromasorten? Die Klassiker sind dabei
Ich möchte jedoch für die Weinrallye die ev. zu engen Grenzen jedweglicher Definitionen sprengen und alles zulassen, was eurer Nase nach einen intensiven Wohlgeruch verströmt, solange nur in der Beschreibung eures Weines dann Wörter wie
  • "..intensives Bukett nach..",
  • "..ein Strauß von..",
  • "..blumig..", "..duftig nach..",
  • "..aromatisch und überschwenglich..",
  • "..expressive Nase..",
  • zumindestens aber "..uuhh, aahh :-) Hochgenuß!"
vorkommen!

Teilt den anderen einfach mit, wie ihr mit diesen - manchmal doch recht (vor)"lauten" - Rebsorten so zurecht kommt. Ob sie nur im Frühling bei euch zu Gast sind, ob ihr sie am Liebsten solo als Aperitif oder auch zum Essen genießt, ob jung oder ob sich auch gereifte Flaschen in euren Kellern befinden, ob euch diese nur trocken ausgebaut gut schmecken oder aber ob ihr glaubt, daß einige auch ein paar Gramm Restzucker durchaus vertragen und schlußendlich, ob ihr glaubt, daß diese duftintensiven Weine eine genderspezifische Ausprägung besitzen (und wir starken Männer uns lieber den "wahren" Weinen zuwenden ;-)?

Und was ihr darüber hinaus noch der WeinBlogger-Welt zu Aromasorten mitteilen möchtet, könnt ihr euch natürlich auch noch von der Seele schreiben ;-)

Rallyetag ist Samstag, der 22. Mai, die Zielflagge wird um 23:59h geschwungen!

Spielregeln & Gastbeiträge wie gehabt..

Eine kurze Info über euren Beitrag bitte entweder via Kommentar auf diesem Blog oder per eMail an vinissimus (at) freudenthaler (dot) name.

Und los geht's!

Donnerstag, 22. April 2010

TYA 1999 (4) - Bordeaux

Diesmal sind die Franzosen, genauer gesagt, die Vertreter aus dem Bordelais an der Reihe, um zu zeigen, in welcher Form sie sich nach 10 Jahren in der Flasche präsentieren.
  • Château d'Armailhac, Cinquième Grand Cru Classé 1999, Pauillac, hat noch eine sehr jugendliche Farbe, eine fein komplexe Nase (weil für mich schwierig zu beschreiben), Brombeere, Aromen vom Faß, aber auch mineralische Noten zieren die Nase, der Wein zeigt sich anfangs verschlossen, wirkt bestenfalls mittelgeichtig am Gaumen, ja sogar hart. Nach 2 Tagen ist der Wein dann offen, hat alles Spröde abgeschüttelt, mit viel Fruchtcharme, sehr rund, reife, gut verwobene Gerbstoffe, zugängliche Stilistik mit Potential für die nächsten 10 Jahre, **/***
  • Château Phelan Segur, Cru Bourgeois 1999, St. Estephe, die leere Flasche ist stummer Zeuge, daß wir sie getrunken haben, alleine fehlt mir die Notiz dazu :-(
    Was mir noch im Gedächtnis geblieben ist, sind immer die gleichen Gedanken beim Öffnen einer Flasche Phelan Segur: ein zuverlässiger Weinwert, summa summarum immer harmonisch und balanciert und ergo mit großem Genuß zu trinken.
  • Château Calon Segur 1999, 5eme Cru Classé, St. Estephe, ziegelrot, intensiv harmonische, nach rotberigen Früchtigen duftende Nase, fein verwobene Holzwürze, voll offen, am Gaumen rund mit enorm saftiger Textur, mundfüllende Fruchtsüsse, gut proportionierte, reifen Gerbstoffe im Abgang, ein gut balancierter Abgang paßt hervorragend ins Gesamtbild dieses Weins, der in voller Blüte seines Lebens steht, feiner, aber nicht allzulanger Nachhall, mit großem Genuß zu trinken, vor zwei Jahren präsentierte sich dieser Jahrgang noch deutlich härter im Glas, eine sympathische Flasche in der sehr guter Form, **-**(*)/***

  • Château La Croix de Gay 1999, Pomerol, Bordeaux, komischerweise gibt es Exemplare, die eigentlich alles richtig machen und einem trotzdem nicht im Gedächtnis haften bleiben, der Croix de Gay ist ein solches Exemplar, Granatrot mit dunklem Kern im Glas, die gereifte Nase wird vom schon leicht marmeladigen Merlot dominiert, aber auch kühle, expressive Würze, am Gaumen geschmeidig mit genau der richtigen Portion Gerbstoffen, wird im Abgang immer engmaschiger, feine rotbeerige Noten und Überraschung: mineralische Noten, umrahmt und von ziselierter Säure getragen, eine feine Stilistik, gediegener Essensbegleiter, **/***
  • Château Clos l'Eglise 1999, Cotes du Castillon, Rubinrot, vegetal kräuterwürzige Aromen, anfangs rund und weich, gewinnt dann aber rasch an Gerbstoff-Struktur, recht balanciert am Gaumen, dann drängt sich Cassis in den Vordergrund, erinnert mich ein wenig an meine ersten Chilen, etwas Rumtopf im Abgang, wiederum die vegetabilen Noten, noch gut zu trinken, hat seinen Höhepunkt aber bereits gehabt, als Speisebegleiter ganz passabel, *(*)/***
  • Château Haut-Carles 1999, Fronsac, erstaunlich jugendliches Kirschrot, feine Würze, perfekt integriertes Holz sorgt für eine attraktive (Tropenholz)Nase, erdiger Grundton, eine gewisse (seröse) Strenge im Charakter kann dieser Wein nicht leugnen, mittlere Körper, das Tannin in kräftiger Menge vorhanden, im Finish ein wenig austrocknend, der zweite Tag bringt ein deutlich feineres Gesamtbild, zum Riechen Schokolade und Teernoten, die Gerbstoffe im schönen Spannungsfeld mit einer Säure, noch immer maskulin, aber richtiggehend balanciert, ein guter Wert zum abgelegen Stück (Grill)Fleisch, valueable Bordeaux mit noch reichlich Potential für die Zukunft, *(*)-**/***
  • Château Marsau 1999, Fronsac gibt's hier nachzulesen (VKN aus 2008)
Vom Blog "Nur ein paar Verkostungen" gibt es folgende beide Notizen
Keine Entäuschung, aber auch kein Überflieger. Den hat's aber auch bei den anderen 99er-TYA-Weinen bis dato noch nicht gegeben..

    Mittwoch, 21. April 2010

    Im Verkostungsstress

    Nach erfolgreicher 30-stündiger Heimreise aus Skandinavien - Eyjafjallajökull sei Dank - hatte ich am Weg nach Wien (um unser dort einsam geparktes Auto vom Flughafen zurückzuholen) wenigstens wieder einmal Zeit, die aktuelle Ausgabe einer Weinzeitzeitschrift in Ruhe zu studieren.

    Beim Durchblättern ist es mir wieder einmal bewußt geworden: So viele Termine, Messen, Verkostungen und interessante Veranstaltungen, allesamt rund um's Thema Wein - und so wenig Zeit :(

    Das Gefühl ist ja bestens bekannt! Man ertrinkt wissend in der Informationsflut, man ärgert sich, weil mal Termine nicht wahrnehmen kann und glaubt somit vermeintlich wichtige Informationen zu versäumen - kurzum: Vor lauter Bäume sieht man den Wald nicht mehr!

    Das erzeugt Streß und auch Frust. Frust, der einem kurzfristig den Spaß an der Materie verdirbt.

    Diese Woche jedenfalls ist eine ziemlich anstrengende für mich und somit kann ich eigentlich gar nicht auf dumme Gedanken kommen:
    - zuerst die Erkenntnis, daß Iris' Weinrallye zum Thema Pinot Noir bereits gelaufen ist - und nicht, wie zuerst im Hirnkastl abgespeichert, erst nächste Woche über die Bühne geht :-(
    - die Aufarbeitung der Rückkehr aus dem hohen Norden samt all den Streitereien wegen der Kostenübernahme :-(
    - 3 offizielle Verkostungstermine, DAC Krems-, Kamp- & Traisental, Frankreich abseits bekannter Regionen (VHS-Runde) und die Linzer Frühlingsweinkost :-)
    - Vorbereitung zu meiner zweiten Weinrallye (#33) - und ja, ich bin noch immer unschlüssig bzgl. des Themas :-|

    Was dagegen hilft? Ein gutes Glas Wein natürlich. Genüßlich gegurgelt und nicht gespuckt!
    Das wäre bei einer 20-jährigen Trockenbeerenauslese auch unverzeihlich!

    PS:
    Die Aussprache des Wortes Eyjafjallajökull klappt übrigens erst nach dem 4. Achterl Wein so richtig problemlos ;-)

    Weinlandschaft

    Am 07. und 08. Mai findet im "Freiraum" des Lentos Kunstmuseums in Linz erstmals eine Weinveranstaltung der besonderen Art statt.

    Wein & Landschaft werden dabei untrennbar miteinander verknüpft und auf mehreren Ebenen zum Leitmotiv der Veranstaltung.
    Unter dem Titel wein.landschaft gestalten junge Architekten den Rahmen der Weinverkostung, in der 25 Winzer aus allen Weinregionen Österreichs die Vielfalt der heimischen Weine präsentieren.
    Im Eintritt ist der Besuch der Ausstellung im Lentos Kunstmuseum inkludiert. Vorverkaufskarten gibt es im Lentos und beim Hotel zum Schwarzen Bären.

    Samstag, 10. April 2010

    König Altwein

    Familie Kirchmayr, beheimatet im niederösterreichischen Weistrach im Mostviertel(!), macht tolle Weine. Und das ganz ohne eigene Weingärten. Denn die Trauben werden von Vertragswinzern aus der Wachau, dem Kamptal und Burgenland gehegt und gepflegt, um dann nach den Vorstellungen des Familienbetriebs im Meierhofkeller des Stifts Seitenstetten vinifiziert und ausgebaut zu werden. Ein klassischer Négociant Éleveur also.
    Das faszinierende am Weingut Kirchmayr ist jedoch ihr tolles Angebot an gereiften Weinen, welche unter dem Namen "Solist" vertrieben werden. "Solist" als Synonym gereifter Weißweine von ausdrucksstarken Jahrgängen und bester Lagen der jeweiligen Anbaugebiete.

    Der 92er Riesling aus der bekannten Wachauer Ried Loibenberg hat mein Weinherz am 2007er Weinherbst im Sturm erobert und wartete auf einen adäquaten Einsatz.

    Zu den diversen Fragen der geeignet Paarung von Wein und Essen ist für mich "der Paukner" das Standardwerk und zufällig las ich darin über die perfekte Symbiose von gereiften Riesling und Blutwurst - ich zitiere: "Alter Riesling .. hält die Pole-Position bei Blutwurstkreationen .. und verjüngen sich auf wundersame Weise". Die Zeit war reif für eine Flasche Solist!
    Nun gehört die Blutwurst zu jenen Dingen, die entweder geliebt oder gehaßt wird - das kann jeder halten wie er will. Ganz klassisch mit viel Zwiebel und Röstkartoffeln, sowie (für mich präferiert) mit einem gegenüber Sauerkraut milderen Krautsalat ist dies ein seltener Festschmaus.


    Weingut Kirchmayer, Solist Riesling Loibenberg 1992, Wachau, kräftiges Goldgelb, feine, sehr ruhige und getragene Nase, getrocknete Früchte, zeitweise glockenklare Marille, über allem ein leichter Alterstouch in Form einer harmonischen Petrolnote, die aber den Wein nur vielschichtige Noten geben, auf der Zunge hinterläßt der ölige Wein ein geschmeidiges Mundgefühl, sehr getragen, Balance pur, dabei erstaunlich vitale, harmonische Säurestruktur, extraktreicher Abgang, nussiger Nachgeschmack, wiederum die Trockenfrüchte, leichtes Petrol, sehr, sehr angenehm! **-**(*)/***

    In Verbindung mit der Blutwurst ergibt sich eine harmonische Symbiose, in der der Altwein tatsächlich eine wunderbare Verjüngung erfährt. Auf der Zunge wirkt der Wein plötzlich vitaler, die Säure lebt auf, die unterstützende Petrolnote verschwindet komplett im Hintergrund, ein prachtvoller Essensbegleiter, der die süßlichen Zwiebel, die Petersilie und den schwarzen Pfeffer zu einem Ganzen vereint. Ein tolles Geschmackserlebnis, dessen Genuß allerdings nur jenen vergönnt ist, die sich manchmal hinter die limitierende Grenze Jungwein und "ooch Petrolton" vorwagen!

    Montag, 5. April 2010

    Blaufränkisch Klassik 2007 (3)

    Im dritten und letzten Teil (Nachlese Teil 1 & 2) habe ich ein paar Exemplare aus der zweiten wichtigen Region für Blaufränkisch, dem Mittelburgenland ausgewählt.
    Diese Region - die sich selbst auch das Blaufränkischland nennt - umfaßt ua. einige der renommiertesten Weinbauorte Österreichs:
    Neckenmarkt
    , die höchstprämierte Rotweingemeinde Österreichs bei Landes- und Bundesbewertungen, Horitschon und Deutschkreutz, welche immer auch ein wenig untereinander ein Konkurrenzdasein führen.
    Rieden (Lagen) wie Hochäcker, Gfanger, Dürrau, sind vielen Weinfreunden ebenso eine Synonym für Blaufränkisch wie die dort ansässigen Winzer:
    Stefan Lang, Wellanschitz, Tesch, Bayer, Wieder, Hufnagel, Hundsdorfer, Weninger, Iby, Lehrner, Kerschbaum, Reumann, Prickler, Bauer-Pöltl, Strehn, Gager, Heinrich, 2 x Igler, Gesellmann, Kirnbauer - um nur einige zu nennen.

    Blick auf Horitschon, Bildquellennachweis: Burgenland-Mitte

    Während die Lagen in Neckenmarkt am Fuße der Ausläufer des Ödenburger Gebirges eher schottrig sind, zeigen sich die klassischen Blaufränkisch-Lagen eher von tiefem Lehm und Braunerde, teilweise ein wenig Kalk geprägt.

    Stellvertretend für den klassischen Blaufränkisch aus dem Mittelburgenland habe ich 3 Weine aus Deutschkreutzer Weinbaubetrieben ausgewählt. Trotz der Tatsache, daß diese Weine allesamt aus dem selben Ort stammen, war die Unterschiedlichkeit in der Stilistik der Weine für mich wirklich verblüffend zu erleben und zu erschmecken!

    ***
    Wir starten im Weingut Gesellmann, wo die beiden Weine Opus Eximium (seit 1988 erzeugt) und Bela Rex (seit 1992) sind den meisten Weinliebhabern Österreichs und auch jenseits der österreichischen Grenze ein Begriff sind. Auch der Pinot Noir Siglos und der Top-Blaufränkisch Hochberc sind in den letzten Jahren fast immer in ihrem Sortensegment am Stockerl gewesen. Mal sehen, was der klassische Blaufränkisch zu bieten hat.

    Engelbert Gesellmann, Blaufränkisch Hochäcker 2007, Deutschkreuz, Mittelburgenland, helles Purpur, attraktive, fruchtbetonte Nase, wirkt in sich sehr ruhig und stimmig, Ringlotten, über allem schwebt ein Hauch Vanille, auch eine zart würzige Komponente ist auszumachen, zeigt im Mund anfangs eine gewisse Molligkeit, dabei aber immer auf der frischen und säurebetonten Seite, blitzsauber, ein wenig Gerbstoff und die herbe Grundnote im Abgang sorgen für ein seriöses Trinkvergnügen, prototypisch für den anspruchsvollen Sommerterrassen-Rotwein, fein fein, *(*)-**/***

    ***
    Das Familienweingut Johann Heinrich, ein 40ha großer Betrieb, ist zu 70% mit der Leitsorte der Region, dem Blaufränkisch bestockt ist. Der Goldberg ist eine Lage mit schweren Lehmböden, etwas mit Kalk durchsetzt und ist mit über 50 Jahren alten Reben bestockt und hat schon mehrmals bei Verkostungen reüssiert, auch mit der Reserve vom Goldberg.

    Familie Heinrich, Blaufränkisch Goldberg 2007, Deutschkreutz, Mittelburgenland, satte Farbe, viel dunkler als alles, was da bisher zu diesem Thema bei mir im Glas war, betörende, intensive Fruchtbombe nach (Mon Cherie)Kirsche, Würze, zeigt eine ähnliche Stilistik wie die Teschweine vom Hochberg, ein sehr saftiges Mundgefühl, ist von Anfang an zugänglich, zugleich hedonistischer und unkomplizierter, unmittelbar ansprechender Trinkgenuß, frei nach dem Motto von Bernhard Fiedlers Beitrag "Life can be complicated, wine doesn´t have to be." Ein Wein, der, so glaube ich, die meisten anspricht, auch wenn es nicht meine präferierte Stilistik ist, *(*)-**/***

    ***
    Weingut Reumann, das habe ich noch im Ohr, ist das Lieblingsweingut eines ehemaligen österreichischen Sozialministers. Ich gestehe aber freimütig, daß dies mein erster Wein dieses Weinguts ist und dies nur deshalb, weil ich die Flasche vom Cousin meiner lieben Renate bekommen habe - Danke Markus!

    Weingut Reumann, DAC Blaufränkisch Classic Ried Tschicken 2007, Deutschkreutz, Mittelburgenland, schönes, dunkles Rubinrot, weit offene, attraktive Nase, viel Frucht, anfangs Heidelbeere, dann Kirsche, ein wenig Marzipan, feiner Schokotouch, zeigt auch viel Würze, ein Nasenwein! Am Gaumen trotz des kräftigen Extrakts eher schlank bis mittelgewichtig, sehr kräftige Säurestruktur, die Tannine wirken ein wenig sperrig, in Summe aber alles noch balanciert und ein archetypischer Sortenvertreter, mit €7 hat dieser Wein zudem ein hervorragendes Preis-Genußverhältnis vorzuweisen, *(*)/***

    Dieses Exemplar hat von allen in der Serie Blaufränkisch 2007 verkosteten Wein die mit Abstand attraktivste und vielschichtigste Nase - alleine dafür gebührt Applaus - die aber für meine Begriffe mit dem anschließenden, etwas sperrigen Mundgefühl einen Bruch erfährt. Für Liebhaber des fruchtbetonten Stils ist dieser Wein ein Best Buy!
    Ich hätte mir für diese einladende Weite der Nase eine saftigere Stilistik am Gaumen oder umgekehrt für diesen "harten" Körper eine eher würzeorientierte Nase gewünscht. Aber das ist nur meine beschränkte und höchst subjektive Sicht der Weinwelt, weil ich bei Weinen einfach eine gewisse Durchgängigkeit schätze.


    ***
    Eine Verkostungsnotiz von Martina & Franz Weningers Blaufränkisch Horitschon 2007 kann hier nachgelesen werden.

    ***
    Die Betrachtung der sicherlich zahlreich vorhandenen guten Blaufränker von rund um den Neusiedlersee beheimateten Weingüter bleibt hier außen vor. Auch wenn die Rebsorte Blaufränkisch eine wesentliche Stütze im Weinsortiment dieser Betriebe bildet, so ist es doch in erster Linie das Süd- & Mittelburgenland, das sich den Blaufränkisch als Leitsorte auserkoren hat und damit die Werbetrommel rührt.
    Zum Vergleich wollte ich aber doch ein Flasche aus dem Burgenland öffnen und so gibt's noch - quasi zum Drüberstreuen - einen Vertreter vom falstaff-Weingut des Jahres 2009, dem Weingut Familie Prieler aus Schützen am Gebirge im Burgenland, keine 50 km Luftlinie von Deutschkreutz entfernt.

    Weingut Prieler, Blaufränkisch Johanneshöhe 2007, Burgenland, mitteldichtes Rubinrot, zeigt weichen Fruchtcharme, Herzkirschen, Flieder, zart unterlegt mit weißem Pfeffer, guter, voller Gaumen, wirkt harmonisch, warmer, erwärmender Abgang mit guter Balance zwischen Säure und Gerbstoffen, solider, aber unspektakulärer, weil "schwer" wirkender Wein - naja.. .
    Nach drei Tagen des Vergessens präsentiert sich ein ganz anderer Wein im Glas: viel präziser, viel fruchtbetonter, Weichsel-Vanille, etwas Brombeer, Marzipannoten, wirkt sauber, hat seinen anfangs vorhandenen rustikalen Touch vollends abgelegt, leicht gekühlt ein sortentypisches Musterexemplar und prädestiniert für die Frühlings- & Sommerterrasse! *(*)/***

    ***
    Als Konklusio der in Summe 8 Weinflaschen kann ich positiv vermerken, daß es aufgrund der variierenden Stilistik durchaus für jeden Weingaumen ein entsprechend passendes Exemplar geben sollte. Zumeist prägt die Interpretation des Winzers die Stilistik der Rebsorte, naturgemäß im Kontext der Einflüsse der über die Jahre unterschiedlichen Witterungsbedingungen:
    • mit feiner Finesse, grazil & burgundisch --> Weninger (und auch ein wenig der Krutzler)
    • von Würzigkeit geprägt --> Uwe Schiefer
    • fruchtbetont mit einer guten Portion Gerbstoffen --> Reumann, Gesellmann
    • rund & hedonistisch --> Heinrich
    • terroirbezogen und von allem ein wenig --> Wachter-Wiesler
    Sortentypischer jedenfalls erscheint mir die neue, eher burgundische Interpretation dieser Rebsorte, da die Grazilität und nervige Säure den fruchtbetonten, sortentypischen Komponenten wie Veilchen, Kirsche und Marzipan-Noten ein homogenerenes Umfeld zur Entfaltung bietet. Soferne der Gaumen saftig und von Würzigkeit geprägt ist, stehen der Rebsorte aber auch eine kräftige Stilistik mit viel Gerbstoff gut zu Gesicht. Das aber ist meistens die Domäne der Reserveweine!
    Wandelbarer Blaufränkisch :-)