Samstag, 23. Oktober 2010

Edlmosers Maurerberg

Beim Wiener Gemischten Satz bin ich eigentlich ein treuer Kunde von Fritz Wieningers Nußberg - ein Wein, der niemals enttäuscht und herrlichen Genuss im Wein bietet. Eine sichere Bank!
Ab und zu bietet sich aber auch die Gelegenheit, über den nördlich Nußberg hinaus einen Abstecher zum westlich gelegenen Maurerberg ins Weingut Edlmoser zu tun. Das ist dann der Fall, wenn beim Jahrgangswechsel eines großen österreichischen Weinhändlers einige mir ansonsten zu teure Weine günstig  preisreduziert angeboten werden.
Ich bin gespannt, ob dieser Wein aus 8 verschiedenen Rebsorten von 50 Jahre alter Stöcken im Vergleich zu meinem Lieblingsexemplar dieses österreichischen Klassikers zu reüssieren vermag - wohl eher eine rhetorische Frage - er kann! Ob aber der 20%-Preisaufschlag zum Nußberg argumentiert werden kann, ist wohl eine persönliche Entscheidung. Eine Vertikale des Nußberg wird mir persönlich diese Frage beantworten.

  • Josef Edelmoser, Gemischter Satz Maurerberg 2006, Wien, Strohgelb mit einem deutlichem Grünstich, die Nase duftig, zart parfümiert, vielschichtige Assoziationen, grüner Apfel, Zitrusnoten, reif gelbfruchtig mit exotische Noten, Ananas, aber auch Weingartenpfirsich, stetig wandelnde Aromen im Glas, zeitweise einem österreichischen Riesling nicht unähnlich, deutlich mineralisch geprägt, braucht zwei Tage rinnt sanft und ausgewogen über meine Zunge, wunderbar reifer Säurebogen, toller und langer Nachgeschmack, wiederum sehr mineralisch und salzig, das ist toller Stoff und gemischter Satz in Höchstform, **-**(*)/***
  • Josef Edlmoser, Gemischter Satz Maurerberg 2007, Wien, intensiv leuchtendes Strohgelb, die Farbe hat eine wenig "Leuchtstiftcharakter", braucht viel, viel Luft, über 2 Tage, um aus seinem Flaschenhals (mit Drehverschluss) aufgetaut herauszufließen, hätte ich diesen Wein im Restaurant geordert, wäre ich vermutlich enttäuscht von Dannen gezogen, so aber wird der Geduldige mit exotischen Duftanklängen im Glas verwöhnt, am ehesten noch Ananas, subtil verwoben mit einer dichten Mineralik, auch feine Würzenoten sind wahrnehmbar, der Wein wirkt für mich in der Nase erstaunlich bodenständig, ja fast erdig, ganz im Gegensatz zu den vielen mineralisch geprägten Weinen, welche einen eher intellektuellen Charakter aufweisen, am Gaumen kurz saftig, mittellang, dann übernimmt sofort wieder die Mineralik das Kommando bis in den doch langen, zart feurigen Abgang hinein, gehobene Stilistik, hat noch Potential, **/***
2006 war einfach ein Superjahr, das spiegelt einfach auch der Vergleich dieser beiden Jahrgänge wieder. Eine Kostnotiz zum 2005er-Exemplar des Maurerbergs findet sich übrigens hier.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Spittoo

Nachdem nun bald wieder die Herbstverkostungen anstehen - ich sag's euch ja, Weinliebhaber zu sein, das ist ein echter Knochenjob ;-) - möchte ich einmal meinen seit Jahren treuesten Partner auf all diesen Ereignissen vorstellen - meinen Spittoo.

Kein professionelles Verkosten ohne Spucknapf - schließlich will man ja nicht nach 10 Proben K.O. gehen. Einige gehen mit Blumenvasen spazieren, andere stemmen die oftmals voluminösen Schüttnäpfe an den Tischen der Winzerinnen und wenige verwegene Spucken aus der Höhe.
Eine formschöne Lösung habe ich vor Jahren in Form des von Hugh Johnson gestalteten Spittoo gefunden.
Er wurde mit dem Hintergedanken gestaltet, den meistens hässlichen oder unförmigen (oder beides!) Spucknäpfen doch einmal die richtigen Proportionen angedeihen zu lassen und ein hübsches Outfit zu verpassen. Hat Hugh Johnson gut hinbekommen, mein' ich. Und auch die Haptik kann halten, was das Design verspricht - er liegt perfekt in der Hand!

Das Ding aufzutreiben war jedenfalls gar nicht so einfach, aber meine liebe Renate hat das toll hin bekommen und mich zu einem meiner Geburtstage damit überrascht - herzlichen Dank nochmals!


Und auch erlebt habe ich mit meinem Spittoo schon einiges! Neidische Blicke ob seinen wohlgeformten Gestalt, auch das eine oder andere nette Gespräch mit am Wein interessierten Personen hat sich dadurch ergeben, aber ebenso hämisches Grinsen bis hin zu lautem Gelächter, besonders wenn er bei Weißweinverkostungen im größerem Umfang mit "gelblicher" Flüssigkeit gefüllt ist.
Ab und zu bemächtigen sich auch fremde Weinliebhaber seiner und blicken mich dann ganz verdutzt an ob der heftigen Intervention meinerseits. Einen Spittoo teilt man einfach nicht mit Fremden, auch nicht mit Bekannten. Einen Spittoo, den hat man ganz für sich alleine.
So Bacchus will, das ganze restliche Leben!

Sonntag, 17. Oktober 2010

Frizzante? Frizzante!

Frizzante - auch Perlwein gennant, aber das klingt ja um einiges langweiliger - führt(e) in meinem Weinuniversum ein Schattendasein. Mehr oder weniger eigentlich alleine aus qualitativen Gründen. Wenn immer es geht, dann greife ich lieber zu Spumante (wenn wir schon bei der italienischen Notation bleiben wollen), der nach der klassischen Flaschengärung produziert wird. Egal ob in Italien, Deutschland, Spanien oder zuhause in Österreich. Natürlich ist das nur eine Seite, denn die andere ist eine steuerliche (auch wenn die Schaumwein- / Sektsteuer in Österreich seit 2005 abgeschafft ausgesetzt ist) bzw. der Aufwand im Herstellungsprozess.
Jedenfalls hatte ich im letzten Monat drei ausgewiesen tolle, weil trinkanimierende Exemplare - 2 aus dem Weinviertel, eines aus Italien, genauer aus der Emilia Romagna - im Glas, welche auch meinen qualitativen Anspruch an ein solches Getränk ganz locker erfüllen konnten und mich wieder einmal meiner Weinvorurteile bewußt werden ließen. Alle drei waren aus aromatischen Traubenmaterial vinifiziert, einmal Muskateller, einmal Muskat Ottonel und einmal aus der geschundenen roten Lambrusco-Traube - allesamt im Glas quicklebendig!

Ungetrübtes, lebensfrohes Weinvergnügen in Reinform (erleichtert die Zeit zum innerlichen Reflektieren seiner Vorurteile ;-)
  • Weingut Laurer, Muskatello Frizzante 2008, Weinviertel, im SALON 2009 vetreten, intensives, sortentypisches Bukett, kräftige Perlage, deutliche Restsüße verleiht dem Wein ein tolles Volumen und einen richtig saftigen, weil trinkfreudigen Stil, gemeinsam mit 2 Damen war diese Flasche bei angenehmen Nachmittagstemperaturen im Nu geleert, ein qualitativ seriöser "Spaßwein" erster Ordnung, süffig und belebend,  *(*)-**/*** 
  • Gatterburg'sche Schloßkellerei, Contessa M.O. (Muskat Ottonel) 2008, Retz, wirkt im Vergleich zum Laurer feiner, diffiziler und auch trockener, sicherlich auch - aber nicht ausschließlich - aufgrund der Rebsorte nicht so vorlaut, feine Perlage, sehr harmonisch, ein perfekter Appetizer zu jeder Jahreszeit, *-*(*)/***
Bildquellennachweis: Cantina Medici Ermete
  • Cantina Medici Ermete, Lambrusco Concerto Reggiano Frizzante 2009, Emilia-Romagna,  der 15 Jahrgang (15 "vintages of success"), tiefvolette Farbe, intensive Waldbeernase, tiefe Fruchtsüße, am Gaumen durch die Perlage herrlich belebend, wirkt ist süffig rund, dabei mit feinen Gerbstoffen(!) behaftet, die einem ein wirklich tolles Mundgefühl verschaffen, wirkt trocken (trotz der 9g/l RZ), insbesonders im Abgang, im Gambero Rosso höchst dekoriert sorgt dieses Weingut seit Jahren für einen neuen Qualitätsschub bei der Rebsorte Lambrusco. Und ich bin nur einer unter vielen, die sich unter die Laudatoren bei diesem Wein einreihen! Ein Bravo der Cantina und unbedingt eine Flasche probieren - Bezug ua. via K&U, Ronaldi, Wein & Co.Zum Glück bin ich im meiner Jugend beim Italiener nie der Versuchung erlegen, das süße Lambrusco-Zeugs zu probieren - zu meiner Zeit war nämlich gerade ein ebenso simpel gestrickter Valpolicella "in" - denn sonst hätte ich diese Flasche wohl niemals probiert, sondern eher in schön dekorativem (sprich undurchsichtigem ;-) Geschenkpapier weitergereicht.. **/***

Dienstag, 12. Oktober 2010

Monatsweinliste

Ja, ich war schlampig über die letzten Monate mit der Aufzeichnung meiner Kostnotizen. Na und? Hat schließlich auch was Gutes! So genieße ich die Freiheit, einmal eine Flasche Wein einfach hinunterzugurgeln, ohne diese akribisch unter die Lupe zu nehmen. Das gilt für schlechte wie für gute Weine gleichermaßen. An ersten hat ohnehin keiner Interesse und letztere können so schnell verschwunden sein, daß einem für eine Notiz gar keine Zeit mehr bleibt.. ;-)

  • Weingut Steffens-Keß, Riesling Burger Hahneschrittchen 2009, Mosel, helles Strohgelb, verhaltene, jedoch vielschichtige Nase, grüner Apfel, dann dezente Zuckerschoten im Hintergrund, ein wenig exotische Noten, wirkt sehr insgesamt sehr reif, sogar ein wenig Tabakwürze ist auszumachen, fein herb unterlegt, zeigt sich sehr saftig am Gaumen, für 11.5% Vol. gute Struktur, mit viel Trinkanimo ausgestattet, dabei immer glockenklar und fast messerscharfem Säurenerv, feiner Zitrustouch im Abgang, wunderbar als Aperitif, macht aber durch seine lebendige Säure auch als "Wein danach" eine gute Figur, **/***
  • Josef Schmid, Grüner Veltliner Alte Reben Priorissa 2004, Kremstal, SALON 2007-Wein, helles Gold, intensiv reife Nase nach gelben Früchten, weich gehaltvolles Mundgefühl, harmonische Säurestruktur, ein guter Speisenbegleiter, *(*)/***
  • Walter Buchegger, Riesling Tiefenthal 2006, Kremstal, sattes Strohgelb, holla, da springt einem gleich einmal die Feuersteinmineralik aus dem Glas an, knisternd vor innerer Spannung, zwischendurch gibt's Gelbfruchtaromatik, Birne, Mango, aber auch ein wenig Marille, zieht auch im Mund in einem Guß durch, cremige Anklänge weichen sofort einer messerscharfen, nervigen Säurestruktur, aber alles in harmonischer Balance, am dritten Tag richtiggehend saftig am Gaumen, Gesteinsnoten, prägnanter Nachgeschmack, hoho, das ist ein teutonischer Riesling im Österreichformat, einige heimische Winzer können's also doch, Respekt, Respekt Herr Buchegger, aber eigentlich wundert es mich nicht, lieb' ich doch auch auch die Moosburgerin, sowie die "grünen" aus der Lage Gebling bzw. Pfarrweingarten, **-**(*)/***
  • Podere 414, Morellino di Scansano, 2008, Toskana, mitteldichtes, jugendliches Rubinrot, eine äußerst attraktive und vor allem vielschichtige Nase, Kakao, schokoladige Noten gehen einher mit feiner Würze und einer tollen Balsamik, Teer, insgesamt eine sehr kühle Nase mit Anklängen an Eukalyptus und Minze, im Mundgefühl noch nicht ganz die Harmonie aufweisend, wirkt noch etwas ruppig mit kräftiger Gerbstoffstruktur, braucht derzeit unbedingt die Karaffe zur Belüftung, baut einen guten Druck im Mund auf, kann im Abgang aber den "Cool Climate"-Anspruch nicht ganz halten, in Summe mit vielversprechenden Anlagen, trinkt sich mit ausreichender Belüftung jetzt bereits sehr angenehm und wird sich in den kommenden 2-3 Jahren zu einem richtigen Winner harmonisieren, sicherlich einer der besten Italiener aus dieser Region, die ich jemals getrunken habe, **-**(*)/***
  • Winzerhof Sigl, Grüner Veltliner Smaragd Ried Steiger 2008, Rossatz, Wachau, kräftiges Goldgelb deutet auf eine bereits fortgeschrittene Reife hin, korrespondierende Nase, appetitliche Frucht, Würze und auch mineralische Noten, am Gaumen dann straffer, jugendlicher, Säurestruktur mit Biss, balanciert, durchaus mit Charme, jetzt mit schönem Genußfaktor zu trinken, aber auch hier das "Phänomen" einiger Wachauer Winzer, daß ich diesem Wein kein Lagerpotential zutraue, obwohl ich dies von einem Wein der höchsten Qualitätsstufe natürlich erwarte, *(*)-**/***
  • Santa Digna, Torres, Cabernet Sauvignon Rosé Reserva 2008, Chile, die bisher verkosteten Rosé-Exemplare glänzten nicht gerade, üppig, schwer, alkoholreich und allesamt etwas fad, diesmal aber war alles ganz anders:
    eine satte Farbe zwischen Kirsch- & Himbeerrot, die Nase wie ein Himbeer-Kracherl von Keli (1|2), intensiv, strömend, harmonisch, auch Noten von Erdbeere und reifer Zwetschke, saftig süße Stilistik ist der Trinkanimo förderlich, wirkt aus einem Guß, blitzsauber vinifiziert, lecker, lecker, lecker, einziger Wehrmutstropfen ist der mit 14% Vol. doch hohe Alkohollevel. Macht nichts, dann eben nicht als Aperitif, sondern gleich als Speisenbegleiter oder hinten nach!
    **/***
  • Weingut Aigner, Chardonnay 2008, Kremstal, strohgelb, wirkt anfangs sehr reduktiv, aber mit einer kräftigen Nase, Grapefruit & Zitrusfrucht, am zweiten Tag dann etwas vegetabil und gemüsig, Sellerie und Spargel, gute Balance, feiner Säurebiß, erzeugt einen feinen Druck am Gaumen, Zitrusnoten im Abgang, macht (jetzt noch immer) Spaß, *(*)/***