Dienstag, 20. Juli 2010

TYA 1999 - Rotes Österreich und der Rest (6)

Bei den österreichischen Spitzenweinen in der Preisklasse um €35 habe ich einfach den Anspruch, daß sich die Weine mit Lagerung verbessern und die 10-Jahreshürde mit Bravour meistern. Aus einem guten Jahr - und das kann bei den heimischen 99er-Weinen als gegeben angesehen werden - und mit der entsprechenden Weinstilistik (keine Weichspüler!) sollten sich meine Vorstellung auch im Glas wiederfinden.

Als Tipp habe ich im Vorfeld den Admiral, Comondor und Titan etwa gleichauf eingeschätzt, alle drei habe ich in ihrer Jugend als stramme Burschen mit mächtigen Gerbstoffen erlebt, der Gabarinza etwas femininer und auch den Perwolff kenne ich als Wein, der schon in jung getrunken großen Spaß bereitet.
Meine Prognose sollte sich allerdings nur zur Hälfte bewahrheiten und leider waren auch wiederum Korkler mit von der Partie :( - na klar! So wirklich überzeugen wußte nur Teschs Titan, über den ich als Sieger auch ein paar Worte verlieren möchte.
Der Titan ist der Spitzenwein des Weinguts Josef "Pepi" Tesch. 1999 war nach 1997 der 2.te Titan und wurde noch mit Hilfe von Freund und Nachbar Heribert Bayers vinifiziert, der damals in Sachen Weinkonsulent mit so klingenden Namen wie Franz Schindler, Josef Umathum, Hans Feiler, Gustav Krug und Erich Giefing als Geburtshelfer einiger österreichischer Barrique-Weinlegenden wie zB. Cuvée d'Or, Hallebühl, Solitaire, Albatros und Cardinal fungierte. Ein nachvollziehbarer Schritt, da nach der Auswanderung des Bruders die Nachfolge im Betrieb Tesch ungewiß war und Josef Tesch vollberuflich als Kellermeister bei der Winzergenossenschaft Neckenmarkt engagiert war. Der 1999er ist meines Wissens übrigens auch der einzige Jahrgang des Titans, der in seinem Rebsortenmix zu einem Viertel Zweigelt enthält.  (1|2)

Ganz interessant zur Nachlese ist auch die 99er-Hitliste von Peter Moser aus der falstaff-Verkostung.

  • Krutzler, Perwolff 1999, Südburgenland, eine Cuvée aus mehrheitlich Blaufränkisch, leider in der Nase deutlicher Kork, am Gaumen dann zum Glück kaum merklich, als Essensbegleiter noch akzeptabel und trotzdem: warum trifft es immer solche Flaschen und nicht die €10 Weine?
    Ich gebe daher - wie immer bei solchen TCA-verseuchten Exemplaren - nur eine Grundtendenz an: der Perwolff wirkte insgesamt noch juvenil mit einer feinen Säurestruktur, zivilisiertes, eher geschliffenes Gesamterscheinungsbild, oW.
  • Pöckl, Admiral 1999, Mönchhof, Neusiedlersee, eine Cuvée aus 70% Zweigelt und je 15% Blaufränkisch bzw. Cabernet Sauvignon, beginnendes Granatrot, in der Mitte mit "festem" Kern, expressive Tertiäraromen nach Leder und Balsamik, Teer, Bitterschokolade, am Gaumen mit noch viel süßer, rotbeeriger Frucht ausgestattet, zeigt sich erstaunlich rund und ausgeglichen, hätte mir viel mehr Gerbstoff erwartet, so ist die feste Tanninstruktur im Verbund mit einer fein verwobenen Säure nur zart angedeutet, süßlicher Abgang, etwas Alkohol, nicht allzu lange, nicht schlecht, aber was bleibt als Profil und eigenständigem Charakter bei diesem Wein noch übrig, was nicht auch andere Weine besitzen? Für mich doch ein wenig enttäuschend, *(*)/***
  • Tesch & Bayer, Titan 1999, Neckenmarkt, Mittelburgenland, die Zusammensetzung dieser "4er-Cuvée" enthält die Rebsorten Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon, Syrah und Zweigelt zu jeweils gleichen Anteilen, Rubinrot, wirkt noch jugendlich in seinem Farbspiel, bei Eintauchen meiner Nase ist das von Anfang an ganz klar, das ist feinste Bordeaux-Stilistik, zeigt viel Balsamik und dunkle Noten von Teer, am Gaumen fast schwebend, mit einer ätherischen Leichtigkeit gleitet der enorm fruchtsüsse Stoff über meine Zunge, ein perfekter Mix aus Seidigkeit und Struktur, die Tannine reif und balanciert, ein stringentes Stück Zeitgeschichte aus der Kategorie "österreichischer Spitzenwein", hat noch Potential für weiter 5 Jahre, obwohl ich bezweifle, daß sich dieser Wein sich noch "schöner" zeigen kann, am zweiten Tag dann Rumtopf, die Gerbstoffe vor allem im Nachgeschmack deutlich präsenter, einem guten Bordelaiser St. Estephe nicht unähnlich, **(*)/***
  • Hans "John" Nittnaus, Comondor 1999, Neusiedlersee, Bordeaux Cuvée aus CS, Merlot und einem Schuß österreichischem Patriotismus in Form von Zweigelt, aus der Golser Spitzenlage Ungerberg, beginnendes Granat, fein süßliche Aromen entsteigen dem Glas, die übliche Balsamik in Form von teerigen Noten, darüber hinaus nehme ich aber auch geruchliche Assoziationen an Nuß(likör), Rosenblätter und ätherische Obertöne wahr, der Wein ist geprägt von Noblesse, ein Sir sozusagen, zeigt sich am Gaumen anfangs fast schwebend leicht, geschmeidig mit kräutriger Würze, viel süsser Fruchtcharme, wird hintennach etwas fester, reife Gerbstoffe schaffen eine griffige Textur, der Alkohol leicht wahrnehmbar, im Abgang mit Adstringenz ausklingend, nicht ganz balanciert, aber harmonischer, von der Säure getragener Rückgeschmack, **/***
    (zum Vergleich die Notiz vom April 2009)
  • Heinrich, Gabarinza 1999, Gols, Neusiedlersee, beginnendes Granatrot, dunkler Kern, anfangs etwas "verstaubte" Nase, dann kurzzeitig Heidelbeere, Karamel, Sanddorn, nach einer halben Stunde steht nur mehr eine maggikrautartige Würze im Glas, am Gaumen fest strukturiert, keine Spur der opulenten Fruchtfülle der anderen Weine, eher kurz und im Angang nicht mehr ganz balanciert, da sich der Alkohol "löst" und ein Eigenleben führt, *-*(*)/***
  • Château du Cèdre, Le Cedre 1999, Cahors - Kork und was für einer, intensiver kann's nicht sein :-(
    Um ehrlich zu sein war eine total verhunzte Flasche in der 99er-Verkostungsserie ja  fast überfällig, blöd nur, daß es gleich zwei Exemplare erwischt hat...
  • Als kleine Entschädigung gab's dafür noch eine Einzelflasche des prachtvollen Ronco Vieri, DOCG Ramandolo 1999, Friaul, satte Bernsteinfarben, die Aromen ganz klar Richtung Mandeln, ein Duft wie nach Contucchi aus Siena (toskanisches Mandelgebäck), wow - frappierend, was für eine Leichtigkeit am Gaumen, eine fantastische Ausgewogenheit zwischen Süsse und Säure, fast schwebend und doch mit Substanz, da rinnt auch das dritte Glas ohne Probleme ganz seidig leicht den Schlund hinunter, ein fantastisches Exemplar aus der Verduzzo Friulano-Rebsorte, sorgt für ein Verzücken meinerseits, **(*)/***

Donnerstag, 15. Juli 2010

BordeauxWahn(ohne)sinn

Unglaublich. Flatterten doch letzte Woche endlich die Subskriptionsangebote der ersten Gewächse des Bordelais auf meinen (elektronischen) Schreibtisch. Ich hab schon zweimal hinsehen müssen um es zu glauben!

Eine Flasche Lafite-Rothschild um schlappe eintausend_und_fünfhundert Euro! Das ist doch der blanke Wahnsinn! Dagegen macht sich ein Mouton-Rothschild oder Haut-Brion um € 850,- fast wie ein SuperSonderangebot mit 40% Preisabschlag aus! Aber eben nur scheinbar.

Egal, die freie Marktwirtschaft (und der Shareholdervalue) macht's möglich und ich habe ohnehin bei Eur 300 zu zählen aufgehört. Gelacht haben wir auch damals schon, bei der 1994er Subskription, wo eine Flasche knapp 600 Schilling (€ 43) gekostet hat, Montrose 60% weniger und die bürgerlichen Gewächse weniger als ein Drittel - eine faire Preisstaffelung.

Ein Glück, daß in meiner Bordeauxwelt die (Preis-Wert)Realität noch immer vorhanden ist, denn ein Charmail, Villars oder Croix de Gay sind auch heute noch bezahlbar, mit einem akzeptablen Preissteigerungsfaktor von 1.3 seit 1994 im Vergleich zum 20(!)-fachen des Mouton.

Die Aussagen zur Qualität des 2009er Jahrgangs stimmen ja doch ganz optimistisch, obwohl ich skeptisch bin, hat doch bisher kein einziger hochgelobter 2000 wirklich brilliert. Obwohl, ich mag auch kräftige fruchtsüße Chilenen. Die sind allerdings um deutlich weniger Euronen als die Franzosen zu beziehen - abwarten und sich einstweilen am Kellerbestand erfreuen!

Mittwoch, 7. Juli 2010

Mission Bordeaux 2007

Während sich alle Welt am neuen Jahrhundertjahrgang erfreut - nach 2000, 2003 und 2005 eh' erst der vierte(!) in dieser Dekade - und sich gleichzeitig über die absurden Preisgestaltungen der arrivierten Châteaus mokieren - wieso eigentlich, ist doch das gleiche bigotte Schauspiel wie jedes Jahr? - ist es an der Zeit, sich an den noch "frischen" (und preiswerten) 2007er Weine zu erfreuen.
Schon lange habe ich es aufgegeben, den traditionellen Jahrgangsbewertungen wie ein Lemming zu folgen, zu angenehme Weine aus kleinen Jahrgängen habe ich schon im Glas gehabt. Und das ohne 20-jährige Bordeauxerfahrung, ohne Teilnahme an Primeurvertkostungen und auch ganz ohne Premiers Crus!
Ja ich wage sogar die Behauptung, daß bei sorgfältiger Auswahl der Flaschen ein ebenso großer Trinkspaß wie bei den sogenannten Topjahrgängen garantiert ist - alleine schon wegen der entspannteren Erwartungshaltung dem Flascheninhalt gegenüber. Die Schonung der eigenen Geldbörse inkludiert!

2 außerordentliche und 3 wirklich gute Weine - allesamt noch in ihrer ansprechenden Fruchtphase behaftet - haben mich sehr positiv überrascht! So soll's sein und das ist mit ein Grund, warum sich (preislich angemessener) Bordeaux nachwievor in meinem Keller findet!
  • Château Rol Valentin 2007, St. Emilion, Rubinrot, hochfeine und expressive Nase, tolle Röstaromen, Kaffeelikör. Milchschokolade, Brombeere, wirkt sehr kühl, korrespondierende Aromatik am Gaumen, sehr zivile Stilistik, Noblesse, mittelgewichtig, gut saftig, balanciert, zeigt schon gute, fruchtbetonter Abgang, die Gerbstoffe im Hintergrund, recht harmonisch, mittellanger Abgang, macht Spaß, **/***, Potential!
  • Château la Grave 2007, Pomerol, ein Wein aus dem Stall von Jean Pierre Moueix, mitteldichtes Rubinrot, erster Eindruck beim Reinriechen: pures Cassis / Johannisbeer, zweiter Eindruck: ich bin falsch in Bordeaux - viel eher ist das hier Merlot aus Chile, tiefe, strömende Würze & Gewürze, das Holz perfekt integriert, ein wenig zitronig, dunkle Schokolade, am Gaumen saftig (und so wie in Übersee) leicht feurig, hat Pepp, balanciert mit reifem Tannin, insgesamt macht der Wein Spaß, hat für mich aber ein Identitätsproblem! Wirkt insgesamt geschliffener als die Weine aus der neuen Welt, aber Bordeaux ist das trotzdem nicht. Obwohl, was weiß ich schon von Pomerol? Entwickelt am dritten Tag dann balsamische Noten, Teer, wirkt seriöser, wiederum Anklänge an Zitrus, toller, weil richtig hedonistisch reifer Stoff! **-**(*)/***
  • Château Barde Haut 2007, St. Emilion Grand Cru, leuchtendes, aber nicht allzu dichtes Rubinrot, sehr getragene, attraktive Nase, Heidelbeere und Brombeere, Zwetschke, Milchschokolade, leicht parfumiert, straffes Mundgefühl, wirkt kompakt, gute Balance, fokussiert zum Abgang immer mehr, engmaschig, herrliche, feinnervige Säurestruktur stützt den Wein, minutenlanger Abgang, geschmeidiger Extrakt und Säure umkleidet den Gaumen! Zeigt am zweiten Tag eine Tolle Textur, ätherische Noten von Eukalyptus, Veilchen, insgesamt sehr vielschichtig, reifes und weiches Tannin, feurige, bleibt immer engmaschig und wirkt niemals fett oder gar breit, viel Potential, toller Stoff zum attraktiven Preis! **-**(*)/***
  • Château Belgrave 2007, Haut Medoc, sattes Rubinrot, anfangs feine Röstaromatik, Tropenholz, die Frucht im Hintergrund, wirkt etwas "spröde", aber nicht unharmonisch, am dritten Tage dann das blühende Leben, die Holznoten sind komplett eingebunden, Himbeere, ganz zart Brombeernoten, Zwetschkenkonfit, dunkle Schokolade, am Gaumen fest, der Cabernet-Anteil ist merkbar, und doch so runder Fruchtgaumen, wunderbar balanciert, reife Gerbstofftextur macht den Wein angenehm stoffig, kühler Weingenuß bis in den mittellangen Abgang, bereitet gutes Trinkvergnügen und bietet viel Wein für's Geld, **/***
  • Domaine de Chevalier 2007, Pessac-Leognan, Rubinrot mit dunklem Kern, rotbeerige, ansprechende Fruchtnoten, die Holzunterstützung fast nicht merkbar, feiner Gaumen, zurückhaltend, aber trotzdem gute Struktur zeigend, reifes Tannin, alles in feiner Harmonie, nach 3 Tagen zeigt der Wein viel Würze, schwarzer Pfeffer, erdige Komponenten, schöne Balance zwischen Fülle und Säure, zeigt eine superbe Balance und ist wiederum ein gelungenes Beispiel dafür, warum ich Bordeaux so mag - zivilisierte Kraft in "a perfect shape", ist aber am Ende des Tages (für sein Preisetikett) auch ein wenig (zu) einfach gestrickt! Zuwarten, *(*)-**/***

Samstag, 3. Juli 2010

SALON 2010

Da sind sie also wieder, die SALON 2010 Weine (Auserwählte & Sieger) aus dem lt. Eigendefinition "härtestem Weinwettbewerb" des Landes!

Mein Selbstversuch vom voriges Jahr war derart erfolgreich, sodaß er heuer prolongiert wird. Damals habe ich mit den Weinviertlern mit "SALON-Pickerl" einen guten Griff getan und hatte ansprechende Weine im Glas. Das freut einem natürlich, zumal es sich doch großenteils um für mich unbekannte Weingüter gehandelt hat.

Auch im Supermarkt tauchen die SALON etikettierten Flaschen zuweilen auf und meistens streckt sich dann auch sofort meine Hand aus um zumindestens ein Exemplar in den Einkaufswagen zu verfrachten. Die Qualität der Weine war immer tadellos, auch wenn die Auszeichnung keine Aussage zur Stilistik der Weine ist. Eine solche ließe sich nur über Kenntnis zum Jahrgang (Witterungsverlauf), Bandbreite der Rebsorte und Betriebsphilosophie erahnen. Außerdem wollen wir doch eine möglichst große Vielfalt, nichtwahr, und insofern wäre eine Forderung nach einer "stilistischen Kennzeichnung" durch das Logo auch nicht zielführend und sinnvoll.

Das SALON-Logo als Orientierungshilfe für Konsumenten? Diese voriges Jahr gestellte Frage läßt sich nun ganz eindeutig mit Jein beantworten - Ja in Bezug auf die Summe aller Maßnahmen, welche zu einem hochwertigen Wein führen, Nein bezogen auf die Erfüllung der persönlich präferierten Weinstilistik. Und die ist bei einigen Konsumenten oftmals viel enger gefasst als wir glauben.. .