Nun haben sie alle Weinmagazine wieder durch, die Bordeaux-Primeur-Notizen. (Fast) Jedes Jahr die gleiche Aufregung, nur eben aus einem anderen Grund. Überhöhte Preise, vermeintliche Jahrhundertjahrgänge, die Bewertungspunkte des Herren aus Maryland - was auch immer - für Diskussionsstoff ist reichlich gesorgt.
Nun mag es viele Weinfreunde geben, die diesen Notizen folgend ihre Einkaufskorb füllen. Zu behaupten, daß ich gegen eine Beeinflussung von diesen Notizen resistent bin, wäre gelogen. Jedoch bin ich mir sehr wohl der Tatsache bewußt, daß sie nur eine (verfrühte) Momentaufnahme zum Lebensanfang der Weine darstellen. Gerade aber in durchwachsenen Jahren mit inhomogener Qualität, so wie eben in den letzten 3 Jahren, frage ich mich aber, warum keine Weinzeitschrift eine erneute Verkostung im Jahr der Arrivage - sprich nach der Auslieferung - durchführt?
Eine Bestandsaufnahme fertiger - weil gefüllten Weine - hätte im Gegensatz zur Bewertung der frühen Fassproben für uns private Weinliebhaber deutlich mehr Aussagekraft. Und auch der Preisanstieg in solchen Jahren zwischen Primeur- & Arrivagekauf ist zugunsten einer "gesicherteren" Qualitätsaussage vertretbar, ja, bei einigen Gütern sogar überhaupt nicht vorhanden, sodaß es eben nicht immer en primeur sein muß! Auch an Verkostungsmöglichkeiten kann es wohl kaum scheitern. Hat es nicht eine Veranstaltungen zum bordelaiser Weinjahr 2006 auf der ProWein gegeben? Und selbst wenn! Es läge wohl auch am Journalismus bzw. den Fachhändlern Druck aufzubauen und eine von offiziellen Seite organisierten Veranstaltung - ähnlich der Primeurverkostung - einzufordern!
Aber herrjeh! - ich vergaß - da sind die Euro ja schon über die Theke gerollt - verrücktes Handelssystem, oder? Ist das noch zeitgemäß! Über die Aussichten auf Erfolg will ich.. - ach, was soll's, genug gesponnen!
Zudem werden auch immer die gleichen 50 Châteaus präsentiert, obwohl es sicherlich bei den Tausenden von Weinbaubetrieben dieser Region mehr als nur ein paar Preis-/ Leistungsgranaten zu entdecken gäbe, denn keine andere Weinbauregion der Welt hat eine ähnliche Dichte und somit eine solche Masse an Konkurrenten vorzuweisen. Ein paar Höchstleistungen abseits der Technikverliebtheit von Ms. Rolland und Konsorten sollten sich doch jedes Jahr aufspüren lassen. Ihnen gebührt die Bühne, nicht dem hundertsten Aufguß der Premier Crus.
Warum geht hier keine Weinzeitschrift einmal mit gutem Beispiel voran? Nur Mut, oder folgen alle bloß den Lemmingen gleich dem ewigselben Einheitsbrei?
Aber klar, da kommt wieder das Prestige einiger weniger Châteaus ins Spiel, die glänzende Aura, der Nimbus des Unantastbaren, in dem schlußendlich dann doch wieder nur das Mascherl samt Top-Score einiger weniger Experten zählt.