Dienstag, 28. Dezember 2010

Weinrallye #40 - Autochthone Rebsorten: Alphart's Rotgipfler Rodauner

Ein gut bekannter Bloggerkollege  - Wolf Hosbach von Hausmannskost 2.0 - ist wieder einmal an der Reihe und das Thema, welches er sich für die 40. Ausgabe der Weinrallye ausgesucht hat lautet schlicht und einfach:


Damit's nicht allzu einfach wird, gibt's von seine Seite noch ein paar Auflagen dazu!

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Nun, eigentlich brauche ich über meine Wahl nicht lange nachzudenken! Endlich bietet sich einmal eine Bühne für eine autochthone Rebsorte, welche mir schon während meiner zahlreichen Heurigenbesuche zu Ausbildungszeiten (am Kolleg für Feinwerktechnik / Mechatronik an der HTBLA&VA Mödling) sehr gut gemundet hat.
Kurz und gut - es geht um die heimische Rebsorte Rotgipfler.

Auch wenn diese lt. Rudolf Steurers Weinhandbuch ausgehend von der Steiermark in früheren Jahren in kleinen Mengen auch in Baden, Württemberg und im Elsaß zu finden war, hat sie nun ihre alleinige Heimat in der Thermenregion (1|2|3) gefunden, ist also nun eine waschechte österreichische Spezialität und hat zusammen mit dem Zierfandler als "Spätrot-Rotgipfler" den legendären Ruf des Gumpoldkirchner Königweins begründet. Das alles liegt aber schon etliche Jahrzehnte zurück.
Heute sind die beide Rebsorten etwas aus der Mode, völlig zu Unrecht, sind beide doch in der Lage, höchst individuelle und charaktervolle Weine hervorzubringen.

Wenn ich in meinem Bekannten und Verwandtenkreis - viele davon passionierte Weingenüssler - nach Rotgipfler frage, würden vermutlich nicht allzu viele Hände in die Höhe gestreckt werden. Schade, denn gerade der Rotgipfler ist ein toller und vor allem vielseitiger Wein, das auch die Kostnotizen wieder eindrucksvoll belegen können.
Rotgipfler macht solo genauso Spaß als auch als universeller Speisebegleiter zu Terrinen, würzigem Käse, Raclette & Käsefondue, kräftigeren Fischgerichten bzw. Fisch mit würzigen Saucen, zu Kuchen und nicht zu süßen Desserts, aber auch zu Räucherlachs haben mir die Flaschen wirklich viel Freude bereitet und waren eine willkommene Abwechslung zu ansonsten kredenzten, holzgeschulten Burgundersorten.
Zudem haben die Rotgipfler-Flaschen entsprechender Qualität ein tolles Reifepotential, 10 Jahre und mehr sind für diese Rebsorte eine Leichtigkeit.

Die Alpharts
Bildquellennachweis: Homepage Weingut Alphart

Mein Lieblings-Rotgipfler kommt von Lisi und Karl Alphart aus Traiskirchen von der südöstlich ausgerichteten Lage Rodauner, unter welcher die Südbahn durch den älteste Bahntunnel Österreichs - dem Busserltunnel - verläuft.
Neben einem einfacheren "Rotgipfler vom Berg" und dem "Rodauner Top Selektion" sowie dem süßen Topwein "PUR" ist der "Rotgipfler Rodauner" die mittlere Qualitätsschiene im Haues Alphart und mit ca. €12 im Fachhandel bzw. ab Hof zu erstehen. Dass dieser Wein meiner bescheidenen Meinung nach jeden Cent wert ist, belegt meine kleine Vertikale aus 5 Jahrgängen eindrucksvoll und spiegelt sich auch in Nominierungen für den SALON Österreich dieses Weins wieder.

  • Weingut Alphart, Rotgipfler Rodauner 2003, Thermenregion, NK, prachtvolles Gold, in der Nase alle was den Namen "exotische Frucht" verdient, kandierte Ananas, Honimelone, ein hedonistischer Gaumenspaß, mit vollem Schmelz auf der Zunge, die (jahrgangsbedingt nicht vorhandene) Komplexität wird in keinster Weise vermisst, weil bei diesem Wein der Trinkfluss so fantastisch hoch ist - süffig, saftig, mundfüllend und balanciert!  **/***
  • Weingut Alphart, Rotgipfler Rodauner 2004, NK, viel heller im Farbenspiel, im Vergleich zum Vorgänger "nur" ein schönes, sattes Strohgelb, wirkt vom ersten Moment an tiefer, mit einer vielschichtigen Nase, das Exotikbukett ist auch hier vorhanden, aber in einer weit dezenteren Form im Hintergrund, Mineralikanklänge, Feuerstein, Honig und Blütennoten, besitzt viel mehr Spannung, am Gaumen dann wiederum diese ausladende Weite, rund und harmonisch, aber ohne jegliches Anzeichen von Breite oder Plumpheit, der Spannungsbogen verdichtet sich hin zum Abgang, wirkt engmaschiger, die mineralischen Töne feiern ein wahres knisterndes Feuerwerk auf den Geschmacksknospen meiner Zunge ab, toller Stoff, vereint auf prachtvolle Weise das beste aus beiden Welten, Weinhedonismus und -intellekt balanciert im Dialog, was möchten Weinliebhaber mehr erwarten? **-**(*)/***
  • Weingut Alphart, Rotgipfler Rodauner 2006, NK, kräftiges Strohgelb, ist sicherlich der feinst gewobene in dem Dreiergespann 03-04-06, er besitzt die Vorzüge der beiden vorherigen Jahrgänge in einer angenehmen Art vereint, der runde, zart cremige Trinkfluss mit Schmelz und die Komplexität durch mineralische Noten, wirkt irgendwie leichtfüßig und hat doch Substanz im Mund vorzuweisen. Und doch frage ich mich, ob dies beim Rotgipfler eine (für mich persönlich befriedigende und) wünschenswerte Symbiose darstellt, denn irgendwie mag ich diesen Wein nicht so recht verstehen, kann er sich doch (Stand heute) nicht so recht entscheiden, was er darstellen möchte: ein schmeichelnder Verführer oder strammer Max? Jammern auf hohem Niveau, ein paar Jahre zuwarten wird die Sache klären! **/***
  • Weingut Alphart, Rotgipfler Rodauner 2008, SV, wiederum ein kräftiges Strohgelb, wow - was für eine hedonistische Komponente bereits in der Nase! Woran erkenne ich, dass ich einem Wein komplett verfallen bin? Nun, zum einen, dass die Flasche so schnell geleert ist, dass ich auch nicht ansatzweise Zeit und Gedanken an eine Kostnotiz verschwendet habe und es mir trotzdem keine Mühen bereitet, diese aus dem Gedächtnis abzurufen.
    Diese Flasche war einfach göttlich. Perfekt hinsichtlich ihrer genüsslichen Art, mit diesem unvergleichlich cremigen Schmelz, perfekt im Sinne eines intensiven, aber niemals üppig wirkendem Aromenbuketts der Marke "Sonne Tropicana" im strengen mitteleuropäischen Winter.  Mango, Ananas, Litschi, perfekt umrahmt von mineralischen Noten, mit einer tollen Fruchtsüsse unterlegt, so kleidet dieser Götterstoff den gesamten Mundraum aus, so g'schmackig (für die geneigten Leser aus dem Nachbarland: lecker) und mit der einzig alleinigen und wahren Mischungsformel zwischen Intellekt (sprich den mineralischen Komponenten) und Bauchgefühl (saftig, rund, cremig weich) ausgestattet, dabei üppig, aber niemals kitschig, mit einem feinen, lebendigen Säurenerv durchzogen, jetzt bereits mit solchem Trinkfluß und Spaß zu genießen, dass höchstwahrscheinlich keine der Flaschen in meinem Keller den nächsten Winter erleben wird! Für mich ein Wunderstoff, der mich vor Karl Alphart auf die Knie gehen lässt, die Hände empor gestreckt und den Lippen ein "bitte, schnell noch ein weiteres Flascherl" entfleuchend!
    Das ist der Stoff, den wir unseren Nachbarn mit ihren göttlich hedonistischen Rieslingen a la Niewodniczanski und Heymann-Löwenstein mit den Worten "..probiert Mal von unserem.." entgegenhalten sollten! Stoff zum Träumen, die Höchstnote und noch einen Stern dazu!
    Potential! ****/***
  • Weingut Alphart, Rotgipfler Rodauner 2009, SV, irgendwo zwischen Stroh- & Goldgelb, dies ist wiederum ein "inverser Rodauner". Meisten rittern ja die mineralischen Töne mit den exotischen um die Vorherrschaft und in diesem Jahrgang (zu diesem Zeitpunkt) ist eindeutig die spannungsgeladene Mineralik in der dominanten Stellung. Ab und zu blitzt die Exotik durch, fast so als wolle sie mir zu verstehen geben, dass sie schon hier und vorhanden ist, jedoch noch ein / zwei Jahre zum Gleichgewicht benötigt werden. Harmonisch balanciert ist der Wein auch jetzt bereits, wirkt derzeit aber eher wieder intellektueller denn hedonitissch, die Saftig- & Cremigkeit ist jedenfalls wieder vorhanden, wenngleich auch (noch) nicht in dieser ausgeprägten Art der vorherigen Weine, blitzsauberer, leider nur mittellanger Abgang, dafür aber feine würzige Noten im Nachgeschmack.
    Jedenfalls eine etwas andere Stilistik, Apfel und Birnennoten, herrlich mineralisch und eine erfrischende neue Facette am Rotgipfler, welche ich ebenso liebe!
    **-**(*)/***
Tolle, weil abwechslungsreiche Köstlichkeiten im Spiegel der jeweiligen klimatischen Jahrgangsbedingungen. Jedes Jahr ein echtes geschmackliches Unikat, die Klammer bildet immer diese gaumenschmeichelnde Cremigkeit. Der 2008er hat's mir besonders angetan, da bleibt mir nur mehr eines zu sagen: zugreifen, Freunde!

Neben Familie Alphart gibt es auch beim Weinut Stadelmann (so wie die Alpharts in Traiskirchen zuhause) und Spaetrot - Gebeshuber in Gumpoldskirchen noch wunderbaren Rotgipfler. Selbstverständlich alles Betriebe der Thermenregion und selbstverständlich bleibt der Rotgipfler Rodauner auch Stammgast in meinem Weinkeller!

    Sonntag, 5. Dezember 2010

    Martinigans 2010


    Heuer war alles anders! Meine Schwiegers hatten mit guten Bekannten ihre eigene Gans-Partie und zudem war meine liebe Renate etwas kränklich. Dann gab's bei Bio-Ganserlbauern unseres Vertrauens kein liebes Tier mehr und so musste der Vogel eben auf das nächste Wochenende verschoben werden. Zudem galt es eine gute Vogelquelle zu finden - eine Aufgabe für sich - denn ungarische Mastgänse in den diversen Supermärkten sind uns ein Graus und die anderen heimischen Freilandgänse unserer Wahl befanden sich anscheinend bereits alle in den Mägen der Österreicher (oder einige Stücke weiter ;-).

    Daher war es diesmal nur eine halbe Gans und auch auf die Maroni im Blaukraut mussten wir diesmal aufgrund (m)einer spontan auftretenden, Sonntag nachmittäglichen Trägheit (diese frisch zu besorgen) verzichten. Macht nichts - es muß ja auch einmal für etwas Abwechslung zum Vorjahr gesorgt sein ;-)

    Beim Wein habe ich aufgrund der fehlenden 2 durstigen Kehlen eine nicht ganz so große Palette zur Auswahl stellen wollen, zudem habe ich heuer einmal auf den obligatorischen Pinot Noir verzichtet und - bisher ebenso unüblich - dem gereiften Exemplar auch ein junges, dafür vom Rebsortenmix umso interessanteres Exemplar zur Seite gestellt.
    Wie im Vorjahr begonnen, gab's auch als Kontrast zu den beiden Roten eine Alternative in Weiß, diesmal eine kräftige Variante eines Kamptaler(!) Traminers vom Enkel des berühmten Dr. Fritz Zweigelt (jaja, genau derjenige, welchem die Rebsorte seinen Namen verdankt) welche mit 5 Jahren Reife zwischen den beiden Jahrgängen der Rotweine angesiedelt war. Und einen Suptertuscan, der einfach noch was gut zu machen hatte, da die erste Flasche vor 2 Jahren so enttäuschend war.


    • Fattoria Felsina, Fonntalloro 1999, VdT, Castelnuovo Beradenga, Toskana, von der Farbe her eigentlich noch "jugendlich", am Sprung zu den ersten Granattöne, eine süße erste Welle erreicht meinen Riechkolben, dann balsamische Noten nach Teer, Leder, ganz zart versteckt im Hintergrund "helle Obertöne" nach Eukalyptus, also alles klassisch im tertiären Aromenspektrum angesiedelt, am Gaumen brüchig und  morbide im besten Sinne, feine Gerbstoffe, welche sanft und altersmilde die Rezeptoren der Zunge berühren, die Flasche also insgesamt in einem gutem Zustand, nicht allzu komplex oder lang, und das Finish ein bisschen trocken, aber ein wirklich passender Essensbegleiter, *(*)-**/**
    • Weingut Johann Heinrich, alpha 09, Tafelwein, Deutschkreutz, Mittelburgenland, eine Cuvée aus den beiden in der Stilistik gar nicht so unähnlichen Rebsorten Blaufränkisch und Nebbiolo, jugendliches Purpurrotviolett, viel Primärfrucht nach Kirsche, nein Weichsel, aber auch tiefe Würze ist vorhanden, sehr lebendig am Gaumen durch eine vitale Säurestruktur, das gefällt mir, die Würzigkeit bleibt immer präsent, mittelgewichtig, rund und im Abgang eher feurig, solo genossen eine für mich durch und durch gelungene Paarung, süffig und mit Spaß und Anspruch zu genießen,*(*)-**/***
    • Weingut Thomas Leithner, Traminer Fraupoint 2004, Langenlois, Kamptal, helles Goldgelb, klassische und intensive Traminernase, Rosenduft, zeigt viel Öl und Fett im Mund, trotz seiner 14% Vol. noch immer deutlich graziler und konturierter als so manche Südtiroler Artgenossen, fast cremig weich auf der Zunge, sauber Abgang mit leichten Tertiäraromen, das Richtige für die kalte Jahreszeit *(*)-**/***
    Und die Paarung der drei Exemplare mit der guten Gans?

    In Kombination mit dem Essen wiederholt sich die bereits im Vorjahr gewonnene Erkenntnis, daß die Weine allesamt deutlich an Süsse verlieren und dadurch um einiges herber und maskuliner am Gaumen erscheinen als solo genossen. Am deutlichsten bekommt dies der Jungwein zu spüren, der insgesamt nur mehr eine sehr präsente Säure aufzuweisen hat, und so der geschmacklichen Einheit des Essens nichts Adäquates mehr entgegenzusetzen hat. Zu wenig für wirklichen Genuß!
    Auf Augenhöhe mit dem Essen ist der Traminer. Wer sich am intensiven Eigengeschmack dieser Rebsorte nicht stört, der erhält einen guten Partner mit spannender Dialogfähigkeit. Wer jedoch nur einen Essens*begleiter* sucht, der nicht ab und zu auch einmal ein Solo auf der Zunge tanzen darf, wird keine so rechte Freude damit haben.Die Sangiovese mit ihrem vollen Spektrum an Tertiäraromen wiederum liefert mir den Beweis, daß gereifte Weine zu Recht der "richtige" Zugang zu zu meinem Wein-Gans-Verständnis sind. Zwar verliert auch dieser Wein seine noch toll vorhandenen Süße und die Kombination aus Fleisch, Serviettenknödel und Blaukraut  - alleine von Letzterem gibt es ja unzählig verschiedene Zubereitungsarten, von süß bis sauer - verstärkt das Tannin, jedoch scheint dies unter dem Aspekt der Tertiäraromatik weit weniger gravierende Auswirkungen zu besitzen, als bei jungen und fruchtbeteonten Weinen.
    Im Gegensatz zu meiner früheren Annahme ist eine vitale Säurestruktur wie zB. beim Pinot Noir zwar von Vorteil, jedoch nicht zwingend. Ohnehin sollt jeder gut gereifte Rotwein neben seinen Gerbstoffen noch "leben", also einen anständigen Säurenerv besitzen, ansonsten wird's schnell fad bei einem Roten.

    Zukünftig denke ich also recht genau zu wissen, was zu "unserer" Martinigans gut passen könnte oder weniger.. .

    Was bleibt noch auszuprobieren? Ein wirkliches Tanninmonster zB. in Form eines Tannat-Weines aus dem Madiran, die Palette aus dem Piemont - von denen ich leider fast gar nichts im Keller habe (möchte wer spenden?) und auch ein Schluck Portwein, vorzugsweise Vintage wäre sicherlich einmal einen Versuch wert, wie überhaupt die grandiosen Weine aus dem portugiesischen Douro-Tal!


    Ganserl-Nachlese:
    Gans 2006 | (Martini)Gans 2007 | (Weihnachts)Gans 2007 | Martinigans 2008 | Martinigans 2009 |
    Addendum Gans 2009