Also heißt es heute nicht "Alles neu macht der Mai.", sondern "Alles Alte lustvoll genießen im Mai."
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"Echte" 10 Jahre in der Flasche zu reifen, das ist schon eine beachtliche Zeit. Wie lange das wirklich ist, kann jeder in einem einfachen Gedankenexperiment ganz schnell nachvollziehen: Wer sich einmal seine persönlichen Erlebnisse der letzten 10 Jahre Revue passieren läßt, der kann normalerweise so einiges erzählen - wie fad muss da wohl der Weinflasche im Keller gewesen sein?
Dabei sind 10 Jahre für echte Liebhaber der gereiften Pretiosen wohl nicht einmal der Anfang vom Himmel. Was die meisten als bereits alt einstufen, trägt hier noch lange den "Jungweinstatus" mit sich herum.
Aber mal ehrlich. Wenn ich mich in meinen Umfeld umsehe, dann gibt es da viele Personen, die gerne Wein trinken. Die meisten davon Wein aus den aktuell verfügbaren Jahrgängen der Supermarktregale & Vinotheken.
Ein paar wenige haben ältere Flaschen, wohl mehr aus Versehen, denn aus expliziter Handlung heraus. Noch weniger sind jene, die einen eigenen Weinkeller besitzen und das wiederum bedeutet noch lange nicht, daß sie gereifte Weine mögen. Dann gibt's jene, die einfach aus Lust zuviel kaufen und dadurch automatisch in den Genuss älterer Exemplare kommen. Wird das beim Rotwein zum Teil noch gut geheißen und toleriert, scheuhen die meisten das bei den Weißweinen aber wie der Teufel das Weihwasser. Zu Unrecht oftmals!
Gespritete Weine, die von Natur aus ein längeres Haltbarkeitsdatum aufweisen - wie zB. Madeira und Port - bleiben ohnehin (leider viel zu) seltene Gäste in den Kellern und so verbleibt eigentlich nur mehr die Minorität der "echten" Freaks, eine Minderheit, die sich die Sache mit den gereiften Weinen wissentlich - und aus Erfahrung - "antut".
Eines
Aber jede 10. Flasche davon ist ein Winner. Ein richtiger Winner! Ein Winner auch im Sinne eines Geschenkes, eine Hommage an die
Und das, genau das, ist der Grund, warum gereifte Weine für mich so wertvoll und unverzichtbar sind: ein konzentrierter, unvergleichlicher Genuss in einem unvergleichlichen Moment.
Mit ein Grund für meine Liebe älterer Flaschen liegt aber auch in der Entwicklung dieser selbst begründet: der Tertiäraromatik.
Ich war nie ein Liebhaber primärfruchtiger Weine, immer auf der Suche nach "Alternativen Geschmacksbilder" à la Kräuter & Gemüsenoten, nach der in der Weinansprache oftmals so gescholtenen (wie mißbräuchlich und inflationär gebräuchlichen) Mineralik, aber auch Animalik, Leder, Wald, Balsamik, Teer, Harze & Lacke, medizinale Aromen, udgl. mehr.. .
Und all das hat ein guter, reifer Wein zu bieten, in Hülle und Fülle und noch dazu in einer harmonischen, ja bekömmlichen Art & Weise!
In den letzten Monaten habe ich mich an die 2000er Weine in meinem Keller gemacht.
Ein sehr warmer und international als gut bis sehr gut, in Österreich sogar als hervorragend eingestufter Jahrgang, alles wirklich feine Weine ohne Enttäuschung, aber ein einzelner Wein stach sie alle aus!
Der langen Rede kurzer Sinn möchte ich hier einfach meinen Siegerwein vorstellen. Er deckt sich diesmal auch mit dem Sieger des im Weinmagazin falstaff abgehaltenen Tastings zum Thema Österreich Rot. Obwohl ich selten auf Verkostungen in Magazinen vertraue, bestärkt es doch meinen Gaumen, hier einen wirklichen Spitzenwein im Glas gehabt zu haben!
Bildquellennachweis: Kurier |
John Nittnaus aus Gols der Weinwelt vorstellen zu wollen hieße Eulen nach Athen zu tragen. Seine Weine und seine Visionen für den österreichischen Wein haben diesen nachhaltig beeinflusst.
Weingut Hans "John" & Anita Nittnaus, Comondor 2000 (Merlot, Cabernet Sauvignon, Zweigelt), Neusiedlersee, schon der Vorgängerjahrgang, der iÜ. nach einer pannonischen Hirtenhunderasse bennant ist, war Bester (1 | 2) meines 99er-Bestandes, satte dunkle Farbe bis zum Rand hin, dann Granatrot, verführerische, vielschichtige Nase, immer wieder verlangt mein Riechkolben diese betörende Aromenkomposition zu trinken, Minze / Eukalyptus, eine Menge an balsamischen Komponenten, Teer, Leder, Waldboden, alles umrahmt von einer feinen rootbeerigen Note, Tomatenkonfit, rohes Fleisch, für mich immer ein Hinweis auf etwas Mineralik, (verbrannter) Gummi, ändert minütlich seine Aromatik, vor allem aber die Intensität der einzelnen Duftstoffe, Assoziationen an eingelegte Anchovis und zwischendurch ein wenig was von medizinalen Anklängen, zeigt auf der Zunge die perfekte Balance, der Dialog von präsenter Säure und reifen Gerbstoffen wird umrahmt von einer schmeichelnden Süsse, fester Kern, wirkt dunkel und maskulin, jedoch niemals schwer, zeigt durchaus eine Art von Grazilität, mittelgewichtig, das Tannin übernimmt im Abgang erstmals die Kontrolle und die langen Polimerisationsketten der Gerbstoffstruktur wird da endlos lang
Herz was willst du mehr? Dieser Flasche war ganz bestimmt nicht fad im Keller, denn sonst hätte sie mir nicht derart viel zu erzählen gewusst :-)
Eine Flasche habe ich noch im Keller, aber die ist leider bereits für ein ganz spezielles Datum reserviert. Hoffentlich hat sie mit dieser viel geplaudert!
Zum Glück - und so Gott will - werde ich daran teilhaben :-)
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