Sonntag, 4. Dezember 2011

Weine zur Martinigans 2011

Bildquellennachweis: (c) 2008 Kleine Zeitung, mit vielen Martinigansrezepten

"Es gibt ja Dinge, die man zwar nicht verträgt, der guten, alten Tradition zu liebe aber trotzdem immer wieder auf sich nimmt. Also zum Beispiel Urlaub in viel zu heißen Gegenden, Wagner-Opern oder Martini-Gansl. Letzteres habe ich vor einigen Tagen absolviert, wenn auch noch nicht ganz verdaut." so die Einleitung zu Gerhard Hofer's Kolumne "Im Keller" (KW46) im "Schaufenster" der österreichischen Tageszeitung "Die Presse".

Zum Glück muss sich nicht jeder so plagen! Ich jedenfalls schlag' mir jedes Jahr zu Martini mit höchstem Genuss den Bauch voll, ohne danach eine schlaflose Nacht wegen Völlegefühl oder Übelkeit zu haben. Und dass viele Leute Probleme mit dem fetten gehaltvollen Fleisch einer Gans haben, kann ich bei unserer freilaufenden Bio-Weidegans, welche gleich bei uns in der Nähe hinter dem  Pöstlingberg groß geworden ist, nicht nachvollziehen. Und ein schonender Garprozeß im Rohr trägt zur weiteren Bekömmlichkeitssteigerung bei.
Aber manche werden auch zeitlebens mit Tofu-Soja-Spießchen samt einem 1/16l Welschriesling glücklich - zum Glück kann das jeder für sich selbst entscheiden!

Jedenfalls gab es wieder der Tradition gemäß (da ist sie schon wieder, die "Bürde" ;-) nur Rotweine mit 10 Jahren (und mehr) am Flaschenbuckel.
So konnte ich heuer erstmals auch mit einem von Reinhold Paukner - Autor von "Der Wein zum Essen, das Essen zum Wein" - zur Gans empfohlenen Madiran aufwarten, ebenso mit einem Exemplar aus dem viel zu unterschätzten Valtellin.


  • Pietro Plozza, Selezionato per Grand Vins Globus Brusio, Nebbiolo 1996, DOCG Sforzato,  Valtellin, Lomardei, Italien, gereifte Farbe mit deutlichen orangefarbenen Reflexen, prachtvoller, intensiver Duft nach allen tertiären Aromen entströmt dem Glas, nasse Waldnoten, Laub, moosig, aber auch Teer, Kiefer, sowie Menthol & Eukalyptusnote, tiefe Würze, alles Anzeichen für mich von einer wirklichen Klasse, am Gaumen trotz seiner 14,5% Vol. sehr balanciert, geschmeidiger Körper, vitale Säure, ein Grandseigneur im klassischen "Pinot Noir"-Stil, harmonischer, mittellanger Abgang, wiederum ein Beweis dafür, dass es sich für mich lohnt, die feinen Exemplare ein paar Jahre im Keller auf den "richtigen Moment" warten zu lassen und auch wenn diese Experimente manchmal nicht von Erfolg gekrönt sind, bei denen es klappt, wird man doppelt & dreifach dafür belohnt, **(*)/***
  • Domaine du Capmartin, Esprit du Convent 2001, Madiran, Frankreich, tiefschwarze Farbe auch nach 10 Jahren kennzeichnen diesen Wein im Glas, ohne jedwede Spur des Alterns, dichter Kern, bereits beim ersten Hineinriechen wird die schlummernde Konzentration offenkundig, aber der Wein braucht viel Luft, um ihm ein paar spärliche Duftnuancen zu entlocken, kalter Rauch, etwas Speck,  mächtige, aber inzwischen zu langen Polymerketten zusammengefundenen Tannine machen die Tannat-Rebe in Harmonie am Gaumen erschmeckbar, dazu gesellt sich aber eine schneidenen Säurestruktur, sodass ich diesem Wein in seiner Jugend wohl das "diabolisch untrinkbar"-Attribut zuerkennen kann, eigentlich macht dieser Wein alles Richtig und mein Gaumen hat schon einiges Verschiedenes erschmeckt, jedoch ist diese pure Dualität zwischen extremer Säure und Gerbstoffen sehr gewöhnungsbedürftig, überspannt den Bogen der Balance mehr als deutlich, und lässt den Koster zudem mit seiner Konzentration und fehlender Mitte etwas an ein "künstlich erschaffendes Monster" denken. In den zwei Folgetagen normalisiert sich diese Extreme etwas, ohne jedoch zu einer Harmonie in meinem Verständnis zu finden. In 5 Jahren der zweite Versuch? *(*)-**/***
  • Anita und Hans Nittnaus, Mönchhofer Pinot Noir Kurzberg-Waldäcker 2001, Neusiedlersee, Österreich, schon beim Entfernen der Kapsel überkam mich wegen der sichtbaren Verunreinigungen unterhalb ein ungutes Gefühl, das mich nicht getäuscht hat. Leider ein deutlicher Kork(schleicher), in der Nase eindeutig, trotzdem noch immer viel Würze und Maggikomponenten erriechbar, am Gaumen fest, fast fleischig, mit superber Säurestruktur, etwas dumpf, bleibt lange im Mund haften, im Abgang leider wiederum deutlich das TCL erschmeckbar, was für eine Perle habe ich hier verloren und wie immer ist es ganz klar: es war die letzte Flasche! Etwas schmerzmildernd ist die Tatsache, dass ich zwei ganz korrekte superbe Flaschen dieser göttlichen österreichischen Winzerkunst geniessen durfte, o.W.
  • Van Volxem, Riesling Alte Reben 2003, Saar, strahlendes und satt leuchtendes Strohgelb, süßlich reife Exotikanklänge, Honig und Ananas, feinziselierte Säurenuancen als Obertöne verleihen dem Wein beim Riechen trotz seiner Nasen-Opulenz eine innere Frische, cremig weich am Gaumen, ein Schmeichler mit viel Frucht- & Restsüße, die sehr balancierte Säure ist harmonisch im Finish angebunden, jedoch ist der Übergang zwischen Süsse und Säure merklich, sodaß hier weniger von einem "Süße-Säure-Dialog" als vielmehr von einem "sowohl Süße als auch Säure"-Wein gesprochen werden kann, gutes Finish,  *(*)/***
Und wie schlugen sich die Weine nun zum Essen?

Der Nebbiolo von Pietro Plozza fand bei allen Ganserl-Schmausern Anklang! Die gereiften balsamischen Noten unterstützten den Eigengeschmack des Essens auf perfekte Weise, eine geniale harmonische Einheit entsteht am Gaumen, ein balanciertes Ganzes, welche zudem - zumindest gedanklich - der Kalorienbürde Flügel verleiht! Ein Grappa als Digestif ist trotzdem unausweichlich traditionell ;-)
Weißwein zur Gans hat in unserer Familie aufgrund der Rotweinvorliebe zu dunklem Fleisch einen schweren Stand und owohl die Säure eines Weißweins die (im Vergleich zu anderen Fleischgerichten nicht abzusprechende) Üppigkeit des Gerichts gut puffert, muß es mit der Süße des Blaukrauts und der Maronen zurecht kommen. Und genau diese machte Van Volxems Saar-Riesling ein wenig zu schaffen, sodass der Gesamteindruck doch immer eine deutliche Spur zu süß ausfiel, um von einer gelungenen Beziehung sprechen zu können.
Der Madiran von Capmartin hingegen passte zur Speis' viel besser als solo genossen, eröffnete dabei durchaus die eingangs vermisste Balance am Gaumen und zeigt wieder einmal recht stimmig, daß sowohl säure- als auch gerbstoffreiche Weine gleichermaßen gut geeignet sind, eine Gans nach Mecklenburger Art vortrefflich zu begleiten.

Mein Favoriten bleiben somit Pinot Noir-affine Weine, wobei die zu dieser Stilistik zugehörige Nebbiolo-Traube klassisch ausgebaut absolut ebenbürtig ist.

Mal sehen was meinem Schiegerpapa dieses Jahr zur Weihnachtsgans am Christtag an Köstlichkeiten bereithält. Für 2012 habe ich dann endlich einen 10-jährigen Portugiesen im Programm - ich bin gespannt!

Ganserl-Nachlese:
Gans 2006 | (Martini)Gans 2007 | (Weihnachts)Gans 2007 | Martinigans 2008 | Martinigans 2009 | Addendum Gans 2009 | Martinigans 2010

Dienstag, 22. November 2011

Meine Nase & Schnüffelsinn

Einer jener Gründe, warum auf meinem Blog die Beiträge nur mehr sehr spärlich fließen, hat mit einem Phänomen zu tun, dessen ich mir anfangs gar nicht so bewusst gewesen bin.
Das heurige Jahr war in einigen Bereichen für mich bisher ein "annus horribilis" und so verspürte ich kein Verlangen, mit der Materie Wein wie bisher intensiv zu beschäftigen.
Ohne Wein geht's trotzdem nicht. Ich genoß die Gläser einfach so, ohne auch nur ansatzweise ein Bedürfnis zu verspüren, dem jeweiligen Wein seine Geheimnisse entlocken zu müssen.

Erst im Laufe der Zeit kam es mir vor, daß der "etwas verhalten Spaß" an der Sache auch mit einem undsensibleren Geruchsinn meinerseits einherging.
Es bedurfte einer größeren Anstrengung meinerseits, die einzelnen Aromenbestandteile herauszufiltern und zu bestimmen, ja teilweise konnte ich - falls gefragt - sogar rein gar nichts Spezifisches zu Weinen notieren. Und ich spreche hier nicht von Exemplaren aus der €5-Liga.

Für eine Person, die Wein über Jahre hinweg als ihr liebstes Hobby deklariert hat, bedeutet dieser
Bewusstseinszustand fast die Alarmstufe Rot!
Daß der Prozess des Geruchverlusts bzw. Zustand vermindeter Geruchsfähigkeit im medizinischen Sinne durchaus bekannt ist, kann in dem Artikel "Die Reparatur des Riechens" der ORF-Science-Redaktion nachgelesen werden.

Zum Glück hat sich die Situation in den letzten Monaten wieder ohne vermehrte Anstrengung meinerseits verbessert, auch die Lust zur "aktiven Sensorik", ohne jetzt aber den Drang zu verspüren, jeden Wein "zerlegen" zu wollen. Ein Segen, bezeichne ich mich doch eigentlich als leidenschaftlicher Nasentrinker!

Gute Nachricht also für uns Weinnasen - daß der Schnüffelsinn aktiv trainiert repariert werden kann.
In Zeiten der bevorstehenden Festtage steht uns mit den geeigneten Bouteillen zum Mahl ja auch eine reich bestückte Spielwiese der Aromen (zum Üben ;-) in Haus. Wohl bekomm's!

Montag, 15. August 2011

Indischer Sommerbeginn

Als ich mich mit Wein 1992 zu beschäftigen begann, war das Rioja das Ziel meiner Träume. Ohne genau sagen zu können warum, hatte es für mich den Stellenwert aller ausländischen Weinregionen. So war mein erster bewusst und aktiv gekaufter ausländischer Wein nicht etwas Bordeaux und auch kein Australier, sondern 2 Flaschen Rioja. Ein Campo Viejo und ein Marques de Cacéres - beide Crianza keine memorablen Geschöpfe, aber das konnte ich damals noch nicht so Recht einordnen und versuchte in jeder "anderen" Stilistik erstmals was Positives zu finden.
Rioja-Wein war einfach etwas Besonders, zumal auch örtlich ziemlich weit weg (wahrscheinlich genau deswegen und weil ich nichtmal wusste, wo genau Rioja in Spanien sich eigentlich befand).
Ich forderte Prospekt & Infomaterial vom Consejo Regulador - damals noch per Postkarte! - an und träumte davon, einmal diese Weinregion besuchen zu können.
Nun, es dauerte schon noch ein Weilchen, aber nach weiteren 7 Jahren hatten wir einen unvergesslichen Urlaub durch alle nordspanischen Weinbaugebiete und der Traum Rioja wurde so für mich greifbare Wirklichkeit.

Warum ich das alles erzähle?
Ganz einfach? Eröffnen sich doch manchmal unverhofft und ganz schnell Möglichkeiten & Erlebnisse, die einem nicht im Entferntesten in den Sinn kommen..

In Ausgabe 03/2010 des Falstaff-Magazins gab es einen sehr informativen Bericht über indische Weine im Falstaff - "Die Weine der Maharadschas".
Ein Bericht der leider viel zu seltenen Sorte "na das ist ja mal was anders und nicht der 100. ausgelutschte Aufguss von..", auch wenn es viele Leser gibt, die sich fragen, wozu über ein solch exotisches Thema überhaupt berichtet wird?
Wenn ich geahnt hätte, daß sich mir ein paar Monaten später selbst die Möglichkeit bietet, indische Weine vor Ort zu trinken.. .

Für viele Personen ist die globalisierte Reisewelt heutzutage (beruflich) alltägliche Wirklichkeit - eine für mich schreckliche Vision. Jetten im Tagesrythmus von Dschibutti nach Hintertupfing, von Jetlag zu Jetlag - und so hat eine Reise nach Indien für mich doch einen Hauch von Abenteuer :-)

Indischer Wein jedenfalls hat was Exotisches, bringt man Indien doch eher mit Tee und Lassi als mit Wein in Verbindung. Die produzierten Weinmengen jedoch sind gar nicht so klein. So bewirtschaftet das Weingut Sula zB. über 600ha Rebland, produzierte mit mehreren Weinlinien in 3 Wineries ca. 300.000 12er-Kisten Wein und das mit jährlichen Zuwachsraten im 2-stelligen Bereich. Nicht ohne!
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß wir in Chennai 3 x Sula-Weine kredenzt bekamen - Satori Merlot, Sula Cabernet Shiraz und Sula Sauvignon Blanc.


Während die beiden roten Weine angenehm sauber und süffig fruchtig zu trinken waren und als mein einziger Kritikpunkt der eher "heiße" Grundcharakter anzuführen wäre  - kein Wunder bei klimatischen Bedingungen, bei denen der Rebstock 2 x jährlich tragen kann - hat mich der Sauvignon Blanc ob seiner Reintönigkeit und erfrischenden Art mit einer vitalen Säurestruktur anerkennend nicken lassen. In einer Blindprobe hätte wohl keiner seine Herkunft erahnt. Das hätte ich mir nicht erwartet!

Ob diese 3 Weine nun repräsentativ für das gesamte indische Weinspektrum sind, vermag ich nicht zu sagen. Jedoch bilden sie eine mehr als akzeptable Alternative zu dem meiner Meinung nach bestenfalls mittelmäßigem Kingfisher-Bier - auch wenn es hier andere Erfahrungen nachzulesen gibt.

Wein zu konsumieren ist in Indien keine günstige Angelegenheit. In unseren (zugegebenermaßen luxuriösen) Hotels und Restaurants in Chennai war das Preisniveau durchaus auf europäischem Städteniveau, die Weine jedoch deutlich darüber.
Indischer Wein startete in den Restaurants bei ca. 2000 Rupien (ca. 30 Euro), bei Importwein wird es Dank einer Doppelbesteuerung (zuerst 160% Importzoll und dann noch die lokale Abgabe an den jeweiligen Bundesstaat) richtig teuer. So war eine einfache Flasche Chianti mit 5500 Rupien, also umgerechnet 85 Euro bespreist, da wird einem erst bewusst, wie gut wir's in Sachen Wein haben!

Schade, daß ich keinen Wein aus lokalen Weinreben auf den Weinkarten fand - soferne es denn diese überhaupt gibt? - denn ohne diese wäre der Indische Wein wohl nur ein weiteres Anbauland unserer globalisierten "ABC-Rebsorten". Wohl ein Zugeständnis an die "westliche Orientiertung" der eher jungen und urbanen Zielgruppe der indischen Weinkonsumenten.

Jedenfalls werde ich bei meinem nächsten Besuch beim "besten Inder" Österreichs - dem Royal Bombay Palace in Linz - einen indischen Rotwein verlangen - mal sehen was da zum Vorschein kommt, denn auf der doch recht akzeptabel sortierten Karte ist (noch) kein indischer Wein gelistet..?

Sonntag, 22. Mai 2011

Weinrallye #45 - Reifer Wein

"Reifer Wein" lautet das Motto der 45er-Weinrallye, diesmal - und auch zum ersten Mal (Bravo!) - bei drunkenmonday.

Also heißt es heute nicht "Alles neu macht der Mai.", sondern "Alles Alte lustvoll genießen im Mai."

***

"Echte" 10 Jahre in der Flasche zu reifen, das ist schon eine beachtliche Zeit. Wie lange das wirklich ist, kann jeder in einem einfachen Gedankenexperiment ganz schnell nachvollziehen: Wer sich einmal seine persönlichen Erlebnisse der letzten 10 Jahre Revue passieren läßt, der kann normalerweise so einiges erzählen - wie fad muss da wohl der Weinflasche im Keller gewesen sein?
Dabei sind 10 Jahre für echte Liebhaber der gereiften Pretiosen wohl nicht einmal der Anfang vom Himmel. Was die meisten als bereits alt einstufen, trägt hier noch lange den "Jungweinstatus" mit sich herum.

Aber mal ehrlich. Wenn ich mich in meinen Umfeld umsehe, dann gibt es da viele Personen, die gerne Wein trinken. Die meisten davon Wein aus den aktuell verfügbaren Jahrgängen der Supermarktregale & Vinotheken.
Ein paar wenige haben ältere Flaschen, wohl mehr aus Versehen, denn aus expliziter Handlung heraus. Noch weniger sind jene, die einen eigenen Weinkeller besitzen und das wiederum bedeutet noch lange nicht, daß sie gereifte Weine mögen. Dann gibt's jene, die einfach aus Lust zuviel kaufen und dadurch automatisch in den Genuss älterer Exemplare kommen. Wird das beim Rotwein zum Teil noch gut geheißen und toleriert, scheuhen die meisten das bei den Weißweinen aber wie der Teufel das Weihwasser. Zu Unrecht oftmals!
Gespritete Weine, die von Natur aus ein längeres Haltbarkeitsdatum aufweisen - wie zB. Madeira und Port - bleiben ohnehin (leider viel zu) seltene Gäste in den Kellern und so verbleibt eigentlich nur mehr die Minorität der "echten" Freaks, eine Minderheit, die sich die Sache mit den gereiften Weinen wissentlich - und aus Erfahrung - "antut".

Eines kann - nein muss - ich aus meiner persönlichen (mit richtig alten Weinen wirklich sehr bescheidenen) Erfahrung doch klar festhalten: mindestens die Hälfte jener Flaschen, die ich in der Hoffnung zur Seite lege, um im Alter reifen Genuss zu versprechen, kann diese Erwartung nicht erfüllen. Bei weitem nicht - Enttäuschung garantiert! Der Preis spielt dabei als Orientierungshilfe nur eine untegeordnete Rolle!
Aber jede 10. Flasche davon ist ein Winner. Ein richtiger Winner! Ein Winner auch im Sinne eines Geschenkes, eine Hommage an die Natur Kultur und den Weinbaubetrieb, ein göttlicher Tropfen, der alle Sinne betört, der einem eins werden lässt mit seiner Umwelt, der scheint und strahlt und Worte voller Poesie aus einem herausprudeln läßt.
Und das, genau das, ist der Grund, warum gereifte Weine für mich so wertvoll und unverzichtbar sind: ein konzentrierter, unvergleichlicher Genuss in einem unvergleichlichen Moment.

Mit ein Grund für meine Liebe älterer Flaschen liegt aber auch in der Entwicklung dieser selbst begründet: der Tertiäraromatik.
Ich war nie ein Liebhaber primärfruchtiger Weine, immer auf der Suche nach "Alternativen Geschmacksbilder" à la Kräuter & Gemüsenoten, nach der in der Weinansprache oftmals so gescholtenen (wie mißbräuchlich und inflationär gebräuchlichen) Mineralik, aber auch Animalik, Leder, Wald, Balsamik, Teer, Harze & Lacke, medizinale Aromen, udgl. mehr.. .
Und all das hat ein guter, reifer Wein zu bieten, in Hülle und Fülle und noch dazu in einer harmonischen, ja bekömmlichen Art & Weise!

In den letzten Monaten habe ich mich an die 2000er Weine in meinem Keller gemacht.
Ein sehr warmer und international als gut bis sehr gut, in Österreich sogar als hervorragend eingestufter Jahrgang, alles wirklich feine Weine ohne Enttäuschung, aber ein einzelner Wein stach sie alle aus!
Der langen Rede kurzer Sinn möchte ich hier einfach meinen Siegerwein vorstellen. Er deckt sich diesmal auch mit dem Sieger des im Weinmagazin falstaff abgehaltenen Tastings zum Thema Österreich Rot. Obwohl ich selten auf Verkostungen in Magazinen vertraue, bestärkt es doch meinen Gaumen, hier einen wirklichen Spitzenwein im Glas gehabt zu haben!

Bildquellennachweis: Kurier
Schade, daß ich die beiden Artikel im falstaff nicht mehr online finde, aber die Ergebnisse der "20 Jahre Comondor"-Vertikale sind noch abzurufen.

John Nittnaus aus Gols der Weinwelt vorstellen zu wollen hieße Eulen nach Athen zu tragen. Seine Weine und seine Visionen für den österreichischen Wein haben diesen nachhaltig beeinflusst.

Weingut Hans "John" & Anita Nittnaus, Comondor 2000 (Merlot, Cabernet Sauvignon, Zweigelt), Neusiedlersee, schon der Vorgängerjahrgang, der iÜ. nach einer pannonischen Hirtenhunderasse bennant ist, war Bester (1 | 2) meines 99er-Bestandes, satte dunkle Farbe bis zum Rand hin, dann Granatrot, verführerische, vielschichtige Nase, immer wieder verlangt mein Riechkolben diese betörende Aromenkomposition zu trinken, Minze / Eukalyptus, eine Menge an balsamischen Komponenten, Teer, Leder, Waldboden, alles umrahmt von einer feinen rootbeerigen Note, Tomatenkonfit, rohes Fleisch, für mich immer ein Hinweis auf etwas Mineralik, (verbrannter) Gummi, ändert minütlich seine Aromatik, vor allem aber die Intensität der einzelnen Duftstoffe, Assoziationen an eingelegte Anchovis und zwischendurch ein wenig was von medizinalen Anklängen, zeigt auf der Zunge die perfekte Balance, der Dialog von präsenter Säure und reifen Gerbstoffen wird umrahmt von einer schmeichelnden Süsse, fester Kern, wirkt dunkel und maskulin, jedoch niemals schwer, zeigt durchaus eine Art von Grazilität, mittelgewichtig, das Tannin übernimmt im Abgang erstmals die Kontrolle und die langen Polimerisationsketten der Gerbstoffstruktur wird da endlos lang erschmeck - nein - erfühlbar! Die Gerbstoffe verschwinden nach 2-3 Minuten und ganz langsam kehrt wieder ein feiner Säurenerv auf die Geschmacksknospen zurück, der haftet fast endlos lange, und Reste der balsamischen Noten sind ebenfalls wieder da - schlichtweg grandios! Wer denkt da beim Fliegen noch an Punkte? **(*)-***/***
Herz was willst du mehr? Dieser Flasche war ganz bestimmt nicht fad im Keller, denn sonst hätte sie mir nicht derart viel zu erzählen gewusst :-)
Eine Flasche habe ich noch im Keller, aber die ist leider bereits für ein ganz spezielles Datum reserviert. Hoffentlich hat sie mit dieser viel geplaudert!
Zum Glück - und so Gott will - werde ich daran teilhaben :-)

Samstag, 30. April 2011

Weinrallye #44 - Rhone

Christoph Raffelt vom Blog (& Shop) originalverkorkt ist diesmal Gastgeber der 44. Weinrallye mit seiner Vorgabe: "Die Rhone - der Fluß - die Winzer".

Ein dem Thema, das für mich von seinen Möglichkeiten her ein wenig klingt wie:

Nehmen sie ein Glas und öffnen sie eine Flasche Rotwein.. ;-)

Rhone, ja da gibt es ein paar für jeden Weinfreund klingende Namen: Hermitage, St. Joseph, Cornas, Tavel, Chateauneuf-du-Pape, usw.
Eine Vielzahl von Appelationen und geologischen Formationen finden sich entlang der Rhône - und wollten wir alle einmal in Form einer Weinrallye abhandeln, so würde uns die nächsten 10 Jahre wohl nicht fad werden.
So ist wohl auch ein wenig dieser für mich undurchschaubaren Gebietskomplexität zu schulden, dass die Rhône bisher auf meinem Weinradar eine sehr untergeordnete Rolle spielt.

Den südlichsten Teil dieses über 800km langen Flusses habe ich auch bereits bereist, wobei der Fluss selbst keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat - sofern ich diesen überhaupt wahrgenommen habe - ganz im Gegenteil zB. zu den faustgroßen Steinen in den Weinbergen Châteauneuf-du-Papes.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich persönlich diese Regionen geografisch gesehen eher zur Provence als denn der Rhône zugehörig empfinde, beim Wein überhaupt, denn eigentlich bleibt in meinem Weinverständnis ein Gigondas ein Gigondas, ein Vacqueyras eben ein Vacqueyras und ein CdP ein CdP und das alles hat mit der Rhône so rein gar nichts gemeinsam! Auch wenn es aus zB. klimatischen Gründen nicht ganz nebensächlich ist, dass die Rhône ganz in der Nähe fließt. Aber das gilt eben nur für den kleinen, südlichen Teil samt meinen ganz persönlichen Erlebnissen.
Die Weinbauregion Rhône ist für mich also jener unbekannte, nördliche Teil hinauf bis Lyon (der Fress- pardon Gourmethauptstadt), den ich nur von den Weinatlanten und den darin befindlichen Bildern kenne. Schade eigentlich!

Obwohl es entlang der Rhône viele zugelassenen Rebsorten (Grenache, Mourvedre, Carignan, Cinsault, Viognier, Marsanne, Rousanne, ..) gibt und einige der Weine auch auf einen zahlreichen Rebsortenmix in ihren Cuvees setzen, so verbinde ich mit der Rhône doch hauptsächlich eine Rebsorte: Syrah!

Ja, (reinsortige) Syrah von der Rhone hatte ich noch nicht allzuviele, einige spannende, vom kargen Gesteinsterroir geprägte Weine waren für mich sehr "schwierig" zu trinken (Vincent Paris), ein paar gereiftere, harmonische (Hermitage), aber nicht komplex genug für's Geld und der Rest (aus dem französischen Supermarche) so durchschnittlich, dass der Wein von jeder beliebig anderen Region und Rebsorte der Welt ebenso gut hätte sein können.

 

So kommt es dann auch, daß die paar Flaschen in meinem Weinkeller, die das Wort Rhône auf dem Etikett tragen, meistens mit dem Präfix "Côtes du" bzw. Postfix "Village" versehen sind.
Das sind oftmals jene Weine, die Frucht, dunkle Würzigkeit gepaart mit Saft und Kraft zu einem harnonischen Ganzen vereinen und dann oftmals noch immer im Geldbörsel-schonenenden Bereich um €10 liegen. Weine, die in ihrer Jugendlichkeit soviel Spaß machen, daß keine Notwendigkkeit besteht, sie auch nur eine Woche länger unter Verschluß zu halten, was aber ihrer Lagerfähigkeit bis zu 5 Jahren keinen Abbruch tut, wie meine beiden Exemplare belegen, welche ich, letzte Woche im Glas hatte: den ersten direkt aus meinem Keller, den zweiten im Rahmen einer Verkostung zum unter dem Titel "Frankreich, ein Streifzug durch unbekannt(ere) Regionen".
  • Domaine Daniel & Denis Alary, La Font d'Estévenas 2005, Côtes du Rhone, purpurfarben mit dunklem Kern, sehr würzig mit vielschichtige Noten, fruchtsüß mit Anklängen nach Brombeere und Sauerkirsche in der Nase, der für die Rhone so typische weißer Pfeffer findet sich auch in diesem Wein, ebenso Wacholder, am Gaumen fest strukturiert, erstaunlich schlank für seine 14.5% Vol., da ist nicht mehr viel zu merken von der anfänglichen überschwenglichen Fruchtsüsse, eher herber Grundton, eine tiefe Kräuterwürzigkeit kleidet meinen Mundraum aus, fein balanciert in allen Belangen, harmonische, lebendige Säure, sehr gute Länge samt feurigem Abgang, ganz eigenwilliger Charakter, im Rückgeschmack wiederum Wacholdernoten, *(*)/***, €13
    Im Vergleich zur Kostnotiz vor 3 Jahren hat dieses Exemplar ein wenig an Fruchtcharme & Süße, an Gefälligkeit und unmittelbarer Zustimmung eingebüßt, nicht aber an der "Trinkigkeit" und dem Preis-Leistungs-Verhältnis..
  • Nicolas Croze, Notre Dame de Mélinas 2009, Côtes du Rhone, satte Farbe mit dunklem Kern, tiefe Fruchtcharme, zarter Schokotouch, Wacholder und Olive, die volle Kräuterwürze der Garrique, dunkle Beeren, saftig am Gaumen, viel Kraft im Mund, die natürlich auch dem kräftigen Alkohol geschuldet ist, ein gut gemachter Côtes du Rhone, hinten nach etwas breit und nicht allzulang, ein den Preis werter Spaßwein für die doch noch recht kühlen Abende, *(*)/***, €9
Zeit wird's also, die nördlich Rhône zu bereisen, aber gilt das nicht auch für das Napa Valley, Neuseeland, die Weinbauregionen Argentiniens und und und ?

Wie das alles zu schaffen sein wird? Kein Problem, es sind nur mehr 23 Jahre bis zur Pension.. .

    Sonntag, 10. April 2011

    Weinfrühling 2011

    Zum 4. Mal war ich Gast beim kleinen Linzer Weinfrühling im Alten Rathaus, der es einem Weinfreund zeitnah ermöglicht, die im letzten Weinjahr entstandene Qualität über einen Großteil der österreichischen Weinbaugebiete grob einzuordnen.

    Der 2010er Jahrgang war aufgrund seines nasskalten Witterungsverlaufes ja bereits mannigfaltig im Vorfeld unter Verruf geraten - auch wenn es dazu einige Gegenstimmen gab, die doch einmal zum Abwarten und zum Verkosten des Endprodukts mahnten, bevor dem Jahrgang ein negatives Attribut angedichtet wird.

    Als Konklusio der Verkostung kann ich den Stimmen dieser "Rufer in der Wüste" nur Recht geben.
    Der 2010er zeigt sich jugendlich beschwingt, fruchtbetont und auch von den Säurewerten her durchaus dem österreichischen Gaumen zugetan. Zuwarten mit der Lese lohnte sich vielerorts und brachte bzgl. Extrakt und Aromenvielfalt einen willkommenen Gegenspieler zur reschen Säure.
    Auch wenn einige der früh gelesenen Weißen sogar die 10g/l-Säureschwelle nahmen, konnte sich Dank der technischen Hilfsmittel zur Entsäuerung - die Bernhard Fiedler in seiner Serie "Der gläserene Wein" gut verständlich dokumentiert hat - der Großteil der jungen Weine bezogen auf die Säurestruktur sehr harmonisch und trinkanimierend präsentieren.
    Einige Winzer haben bzgl. Säurereduktion wohl ein wenig über's Ziel hinausgeschossen - paradoxerweise gab es auch Weine, die ich trotz eines solchen Jahrgangs dann als fad und zu lasch empfand. Auch Joghurttöne von der malolaktischen Gärung waren tlw. noch bei den gereichten Weinen auszumachen.

    Ein weiterer Wehrmutstropfen im Weinjahr 2010 ist sicherlich die geringe Menge, einige Winzer - wie zB. am Wagram - hat es nach Hagelausfällen 2009 mit einer kleinen Ernte nun bereits das zweite Jahr in Folge getroffen. Dass dies bei Einbußen auch jenseits(!) der 50% einer Normalerntemenge schnell an die Substanz gehen kann, ist leicht nachvollziehbar. Die Konsumenten sind hier wohl eindeutig in der glücklichen Ausgangslage, trägt doch das Risiko in diesem Fall zu 100% der Produzent.

    Nachfolgend sind ein paar jener Weine gelistet, die mir gut gefallen haben:

    - Fam. Rosenberger, zwei "schöne" Rieslinge, offen, straff, animierend der Lössterrassen, komplexer, mineralischer, exotischer, straffer der Exklusiv, und ein ansprechender, sortentypischer Sauvignon Blanc, Cassis pur mit grünem Paprika, nervige, straffe, den Speichelfluß förderne Säure, fein,
    - Fam. Reinberger, ein kühler und aromatischer Grüner Veltliner Brenner, ebenso die Rose Grün mit gutem Extrakt und zarten Minznoten,
    - Joe Bauer, tolle, nervige und trinkanimierende Säurestruktur (die beste von allen Winzern) beim Grünen Veltliner Katharina, zusätzlich noch wuchtiger Extrakt beim GV Spiegel Alte Reben, einiges an Potential,
    - Norbert Bauer, ein fülliger Roter Veltliner Hinternberg mit feiner Frucht und verspieltem Süße-Säure-Dialog - alle Weine aus der Weinbaueregion Wagram!

    - Weingut Thell in burgenländischen Seewinkel Apetlon mit einer feinen, bereits toll runden 2010er Spätlese aus der Rebsorte Muskat Ottonel, ein Wein, der zu asiatisch scharfen Gerichten einen vorzüglichen Begleiter gibt, noch prachtvoller der Welschriesling Eiswein aus dem heißen Jahr 2003, à point, superber Süße-Säure-Dialog, Orangenzesten, ein fettes und dabei doch hochelegantes Elixier.

    Aus der Thermenregion gab es feine Weine aus dem sehr burgundischen Jahrgang 2008 von zwei (mir) altbekannten Weingüter zu verkosten:
    - Johann Gisperg, sehr feine, weiche, zugängliche und mit viel Fruchtcharme ausgestattete Pinot Noirs (sowohl Classic als auch Exklusiv und Reserve), auch die beiden St. Laurent Exklusiv und Reserve können mit burgundischem Charme, gekonntem Holzeinsatz, Struktur und Offenheit punkten,
    - Fam. Schneider, toller, finessenreicher Der Pinot (Burgundermacher), mehr Würze und Struktur zeigt dann die Reserve, für die empfehlenswerte Cuvée Kräutergarten gilt "nomen est omen", zeigt trotz aller Würze und Struktur noch immer die burgundische Dimension, St. Laurent Reserve, sehr maskulin und herb, Schokotouch, fokussiert, schlank, viel Potential.

    Nicht verschweigen will ich aber auch, daß es von einigen, in den letzten Jahren immer verlässliche Weinqualitäten produzierende Güter, diesmal nur Mittelmaß zu verkosten gab. Ihnen allen fehlte die strahlende, blitzsaubere Frucht und waren mit einer leicht herb-dumpfen Note überlagert.

    So bleibt abschließend eigentlich nur festzustellen, dass es auch aus dem schwierigen Weinjahrgang 2010 sehr gute Weinqualitäten geben wird, die durch ansprechende Frucht und Trinkanimo wohl nicht all zulange ein "Kellerdasein" fristen müssen :-)

    Sonntag, 27. März 2011

    Man(n) muß doch auch mal..

    ..Glück haben, bei den Weinflaschen, oder?

    Nach den ersten Vorboten des kommenden Frühlings sind die letzten Tage wettermäßig wieder etwas durchwachsener und so habe ich im Keller  nach ein paar reiferen Flaschen der Marke "5 Jahre +" Ausschau gehalten, die den vergangenen Winter "unbeschadet" - weil nicht im "zu konsumieren"-Regal gelandet sind - überstanden haben.
    Ohnenhin war ich in der Vorwochen nicht gerade vom Weinglück verfolgt:
    • Ein Weinfreund, der mir 2 Flaschen überließ ("was hältst du denn von diesem hier?") - einer davon ein ziemlich unreifer 08er Cabernet Sauvignon aus einer österreichischen Weißweinregion! Was motiviert eigentlich Winzer in Langenlois zum Anbau dieser Sorte? Das können entweder nur die Forderungen penetranter Stammkunden sein oder maßlose Selbstüberschätzung..?!
    • 2 Flaschen mit geschäumten Kunststoffkork, beide gut unter einer Kapsel versteckt und beide inzwischen überreif an der Grenze zur Antrinkbarkeit, lasch und fad (05er Veltliner Grande Reserve vom Weingut Forstreiter in Krems und ein 06er St. Laurent vom Weingut Mauß)
    • und dann noch 2 Korkschleicher (01er Chianti Classico Riserva Rocca Guiccarda von Barone Ricasoli und ein 05er Grüner Veltliner Schweren Zapfen vom Weingut Fritz, Kremstal)
    Wenn ich dann also aus diesem Fundus von insgesamt 7 Weinen noch von 2 augesprochen - und auch unerwartet(!) - gut gelungenen Exemplaren zu berichten darf, bleibt mir eigentlich nur noch zu erwähnen:

    Man muß ja gelegentlich auch mal Glück haben!
    • Alexander von Essen, Capaia 2004, tiefdunkle Farbe mit granatrotem Rand, eine wirklich tiefe, extrem kräuterwürzig geprägte Nase, feste Faßbrandnoten, aber auch die Cassistöne der Rebsorte sind noch da, ein wenig Balsamik, reife Gerbstoffe bilden das Fundament, auf dem Fruchtsüße und Säurestruktur ihr durchaus stilvolles Erscheinungsbild aufbauen, mittelgewichtig am Gaumen, aber durchaus kraftvoll, sauber und in Summe sehr ausgewogene Stilistik ohne Ecken und Kanten, die feingliedrige Säure verleiht dem Wein fast eine vitale Leichtfüßigkeit, der Abgang könnte ruhig etwas länger anhalten, aber was für ein Vergleich zu früheren (rauhen und unbalancierten) Flaschen, ein Phönix aus der Asche, kein komplexer Wein, aber mit schönem Trinkfuß der Marke Winterwärmer, **-**(*)/***
    • Weingut Dreisiebner-Stammhaus, Morillion Hochsulz 2005, Südsteiermark, helles Strohgelb, sehr reife, anfangs aber feinziselierte Frucht, geht dann mächtig im Glas auf, intensive, aber niemals breite Anklänge an Litschi und Fisalis, kandierte Ananas im Hintergrund, das Holz gut verwoben, das Mundgefühl doch eher schlank, zarte Mineralik, engmaschige und lebendig Säurestruktur, die im Abgang richtiggehend elektrisierende Wirkung zeigt, also eine beispielgebende Wirkung einer gebündelte Mineralik, fokussiert und blitzsauberer Abgang! **(*)/***

    Samstag, 19. Februar 2011

    Glasvariationen

    Wollten Hedonisten vor einigen Jahren eine gute Flasche Wein aus einem guten adäquaten Glas genießen, so führte kein Weg an Riedel-Gläser vorbei und auch in der Spitzengastronomie waren die Gläser der Serien "Vinum" und "Sommelier" das Maß der Dinge.
    Georg Riedel ist ein gewiefter Salesman und Tüftler. gemeinsam mit namhaften Persönlichkeiten aus dem Weinbusiness kreierte er fast für jede Rebsorte ein eigenen Glas. Unzählige große Glasvitrinen mit unterschiedlich geformten Bleikristallgefäßen zeugen auch heute noch von dieser erfolgreichen Strategie des Wegbereiters für die Weinglaskultur.

    Heute haben wir als Konsumenten die Qual der Wahl. Unzählige Glasserien unterschiedlichster Anbieter sorgen für breite Diversifikation beim Weinglas, wohl auch durch geschicktes Kopieren Weiterentwicklen der "Originale".
    Zudem scheint es, daß jede Weinpersönlichkeit oder Grande der Weinzunft ein eigenes Weinglas braucht - Hardy Rodenstock und Riedel, Wein& & Co mit Prof. Holzbauer, Weinpfarrer Denk mit Zalto, beim atmenden Weinglas von Eisch gibt's sicherlich auch einen Weinguru dahinter und selbst René Gabriel hat musste auch vor kurzem sein eigenes Glas vorstellen.
    Wobei ihn - den Gabriel meine ich - ja eines ganz konkret von Riedel unterscheidet. Ein Glas reicht aus für den täglichen Weingenuß! Schluß mit den unzähligen Serien, welche im Kasten verstauben!
    Und auch Georg Riedel sieht die Sache heute wohl etwas anders differenzierter, wie im Interview "Gläser sind Lautsprecher" bei falstaff nachgelesen werden kann.

    Sei's wie's sei - jeder kann beim Weinglas nach Erfahrung, Preisgefüge Glasart und Vorlieben bei Form frei wählen und das ist doch eine gute Sache, nicht wahr?

    Samstag, 29. Jänner 2011

    Portugal ganz Groß!

    Auftakt zu den diesjährigen VHS-Verkostungsrunden - und was für einer! Kein einziger der 13 Weine unter meiner *(*)-Bewertung, das heißt ins Verbale übersetzt: Alles prachtvolle und überdurchschnittliche attraktive Exemplar!
    Wunder ist das keines, eher der Lohn für kompromissloses und qualitätsorientiertes Arbeiten. Zudem waren die beiden Jahrgänge 2005 und 2007 klimatisch sehr vielversprechend.
    Allen Rotweinen gemeinsam war jedenfalls eine unglaublich tiefe, schwarzviolette Farbe, reifes Tannin und ein spannungsvoller Säurebogen als Gegenpart. Eine tolle Stilistik, auch wenn sich die Weine (aus der gleichen Region) teilweise sehr ähnlich sind - das aber kann für konsumenten auf der Suche nach Weinen ähnlicher Stilistik auch von Vorteil sein. Wer jedenfalls kräftige Winterweine mit Fruchtsüsse und Power liebt, ohne jedoch auf Ausgewogenheit, ja sogar Finesse verzichten zu müssen, der ist in Portugal, insbesonders dem Douro-Tal goldrichtig. Und mit 3 tollen Vertretern im Preisbereich von €10-15 auch preislich mehr als attraktiv. Selbst die Topweine dieser verkostung liegen preislich nicht höher als Bordeaux im besseren Einstiegssegment. Rundherum zu empfehlen!

    3x Weiß, 8 x Rot & 2 x Gespritet
    1. Anselmo Mendes, Muros Antigos 2009, Vinho Verde DOC, "milchiges" Strohgelb, erstaunlich aromatischer Duft, florale Noten, etwas Zitrus, wirkt sehr homogen, tolle Säure, macht Lust auf einen Fisch als Speisenbegleiter und auf das 2. Glas sowieso, *(*), €9
    2. Jorge Moreira, pó de poeira 2009, Douro Vinho Regional, klares Strohgelb, feine Barriquenoten, durchströmt ruhig und balanciert meinen Riechkolben, fast keine Primärfrucht vorhanden, ganz schüchtern rosa Grapefruit-Noten, dafür mineralisch und salzig, *(*)-**/***, €15
    3. Wine & Soul, guru 2009, Douro DOC, Tavares da Silva, helles Strohgelb, Mineralik, kein Holz merkbar (hat er aber), sehr feine und fließende Stilistik, burgundisch, wirkt kühl und sehr lebendig, am Gaumen wiederum die Mineralik, sehr gut, aber auch teuer! **/***, €29
    4. Rapariga da Quinta, Reserva 2007, Alentejo Vinho Regiona, dunkle Farbe und dunkler Kern, sehr beerenfruchtig, konzentrierte Säure, Würze, Weihrauch, Rumtopf, jetzt bereits fein zu trinken, zeigt schöne Gerbstoffe parallel zur lebendigen Säurestruktur, Trinkwein ohne ins "Philosophieren" zu kommen, gutes PLV! *(*)-**/***, €10
    5. Alvaro Castro, Pape 2005, Dao DOC, dunkle Farbe, dicht, die pure, richtiggehende extreme Mineralik (yeah!), Würzenoten, Graphit, Heidelbeere, sehr fokussiert und direkt, mit einer kräftigen Säure hinten nach, sehr lang haftend, tolle Stilistik, eigenwilliger Charakterwein aus je 50% Touriga Nacional und Baga, **(*)/***, €30
    6. Quinto do Mouro 2004, Alentejo Vinho Regiona, leichte Reife am Rand (das kann dann schonmal kein Dourowein mehr sein), zeigt etwas Balsamik nebst Rosinen und Rumptopf, Zwetschke, erinnert ein wenig an Piemont, sehr traditionelle Stilistik, *(*)/***, €27
    7. Lavradores de Feitoria, Tres Bagos 2005, Douro DOC, violetter Rand, der Kern ist undurchsichtig, Gewürznoten, Kirsche, etwas balsamische Noten, frische Säure, reife Gerbstofftextur, wirkt sehr lebendig, zart feurig im Abgang, tolles PLV, *(*)/***. €10
    8. Quinta de la Rosa, Passagem 2006, Douro DOC, tiefe Farbe, viel Würze bereits beim ersten Hineinriechen, besitzt eine innere Spannung, tolles Mundgefühl, Fruchtiefe und -süße sind reichlich vorhanden, insgesamt sehr balanciert, reifes, superbes Tannin mit feiner Textur, die obligatorische forsche Säure als Gegenpart, sehr guter Weinwert! **/***, €15
    9. Quinta da Vale d. Maria 2007, Douro DOC, Christiano van Zeller, Quinta do Noval, dunkel- bis schwarzfarben, Kirsche, sehr würzig, alles fein mit einem Schokotouch hinterlegt, wirkt sehr modern, aber gut (gemacht), tolle Gerbstoffstruktur, sehr engmaschig und reif, erzeugt ziemlichen Druck am Gaumen, in Summe fast schon ein wenig zu schön, wo bleiben die individuellen Ecken & Kanten, **-**(*)/***, €30
    10. Jorge Moreira, poeira 2007, Douro DOC, undurchsichtige Farbe, fokussiert, aber verschlossen, deutet das vorhandene Potential nur vage an, Würze, wirkt sehr dicht, besitzt die Tugenden der Vorgänger, vitale Säure & reife Gerbstoffe in Balance, wirkt trotz seiner inneren Dichte frisch und lebendig, die Komplexität aber derzeit vermissend, viel zu jung.., **-**(*)/***, €32
    11. Quinta de la Rosa, Reserve 2005, Douro DOC, offen, wirkt gut entwickelt und reif, auch deutlich wärmer als die 07er-Weine, Schlehenaromen, fein fruchtsüß, ein Traum von Tanningerüst im Mund, intensiv, alles sehr harmonisch und balanciert, großer Genuss! **-**(*)/***, €26
    12. Quinta da Vale d. Maria LBV (Vintage Bottled Vintage) Port 2006, Douro DO, zeigt gute Frucht und Gerbstoffe, ist eher von der süßen Sorte, macht Spaß, o, weil nur mehr genossen und nicht verkostet :-)
    13. Quinta da Vale Meao, Vintage Port 2007, Douro DOC, eine sensationelle violette Farbe, korrespondierende Heidelbeeraromatik, ein toller Extrakt kleidet den Mundraum aus, zeigt viel Würze und eine enorme Konzentration, Stoff für Jahrzehnte, jetzt noch in der Fruchtphase genießen oder dann im Keller vergessen :-) oW
    Bezugsquellen für all diese Weine: Lobenberg, K&U

    Sonntag, 16. Jänner 2011

    So geht's weiter in 2011

    Dem Alter, an dem Neujahrsvorsätze obligatorisch sind erwartet werden, bin ich zum Glück entwachsen. Was nicht heißt, dass ich nicht an mir arbeite :-).
    Kritische Selbstreflexion nicht nennt sich das und der geneigte Leser weiß natürlich auch, dass diese natürlich permanent erfolgt und nicht nur einmalig am Sprung zum neuen Jahr - ähnlich dem EAV (1|2)-Klassiker "Morgen Ja Morgen fang ich a neues Leben an..".

    So habe ich nach 12 Jahren mein falstaff-Abo gekündigt - meine vinaria & Weinwelt-Abonnements bleiben jedoch vorerst einmal bestehen. Auch wenn ich in den letzten Jahren nur mehr selten einer Empfehlung der Magazine gefolgt bin - und auch nicht immer mit diesen Empfehlungen d'accord war - so freue ich mich auch heute noch über den einen oder anderen gelungenen Bericht, das teilweise recht profunde Hintergrundwissen (vinaria), Gastkommentare oder einfach nur über genuss- und prachtvolle Fotos (Weinwelt). So einfach kann das zuweilen mit dem Wein sein.
    Und da sich nach den tollen Jahrgängen der letzten Jahre auch die Regale meines Weinkellers biegen, sich fast kein freies Platzerl mehr finden lässt, kann ich es heuer mit dem "medial viel-zu-früh und zu unrecht(?) schlechtgemachten" 2010er Jahrgang ganz entspannt angehen. Es wird ein Geldbörse-schonendes Weinjahr für mich ;-)

    Ohnehin gibt es auch beim Anlegen schärfster Kriterien beim Weineinkauf noch immer so viele gaumenbeglückende Tropfen, sodass es nach wie vor locker zu schaffen sein wird, den Keller randvoll zu halten!
    Zudem habe ich nach nunmehr fast 20 Jahren intensiver Weinsuche eigentlich meine Weinlinie gefunden und  da muss ich nicht mehr jedem Trend Lüfterl gleich hinterherlaufen.
    So gilt (es) heuer (wie auch in den Jahren zuvor)
    • mehr Schaumwein zu genießen, bei jeder hervorragenden Flasche Cremant, Schampus, Prosecco oder Winzersekt denke ich mir das immer wieder,
    • dem Weinviertel ein paar weitere flüssige Geheimnisse zu entlocken,
    • vermehrt jenen Winzern das Vertrauen zu schenken, die mich über die letzte Dekade mit konstant hervorragender Qualität beeindrucken konnten
    • und nicht mehr alle autochthonen Rebsorten probieren zu wollen. Zum einen ist dies ein ohnehin hoffnungsloses - weil nie enden wollendes -  Unterfangen, zum anderen liebe ich Chardonnay und Cabernet viel zu sehr, auch wenn dies (noch immer nicht? Oder schon wieder?) opportun kund zu tun ist..